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Wolff Heintschel von Heinegg
von der Zivilluftfahrt-Organisation aufgestellten Regeln zu befolgen. 96 Schließlich
ist der Anliegerstaat berechtigt, in der Meerenge Schiffahrtswege festzulegen und
Verkehrstrennungsgebiete vorzuschreiben. 97 Seine Gesetze und sonstigen Vor
schriften dürfen aber fremde Schiffe weder rechtlich noch tatsächlich diskriminie
ren, und ihre Anwendung darf im Ergebnis nicht eine Verweigerung, Behinderung
oder Beeinträchtigung des Rechts auf Transitdurchfahrt bewirken. 98 D.h., selbst
im Falle eines Verstoßes gegen die vom Anliegerstaat im Einklang mit dem inter
nationalen öffentlichen Seerecht erlassenen Vorschriften bleibt das Recht auf
Transitdurchfahrt unberührt. 99
Angesichts der gewohnheitsrechtlichen Geltung dieser Bestimmungen 100 kann
festgehalten werden, daß auch Kriegsschiffe und militärische Luftfahrzeuge ein
nicht aussetzbares Recht auf Transitdurchfahrt in internationalen Meerengen
genießen. Insbesondere ist es U-Booten wegen der Bezugnahme auf den
"normalen Transit" in Art. 39 Abs. 1 lit. c) SRÜ 1982 gestattet, internationale
Meerengen in getauchtem Zustand zu durchfahren. 101 Die Verpflichtung der An
liegerstaaten, die Transitdurchfahrt dieser Fahrzeuge nicht zu unterbinden, trifft
diese auch während eines internationalen bewaffneten Konflikts zur See, an dem
sie nicht beteiligt sind. 102 Sind schon die Konfliktparteien nur unter sehr engen
Voraussetzungen zur Aussetzung des Rechts auf Transitdurchfahrt berechtigt, so
gilt dies erst recht für die nicht am Konflikt beteiligten Anliegerstaaten. Dies wird
zudem durch die jüngere Staatenpraxis belegt. Während des Iran-Irak-Konflikts
gab es keinerlei Anzeichen für eine Beschränkung der Durchfahrt bzw. des Über
96 Art. 39 Abs. 3 lit. a) SRÜ 1982. Während Zivilluftfahrzeuge dazu verpflichtet sind, ist in bezug
auf Staatsluftfahrzeuge bestimmt, daß sie sich "in der Regel an solche Sicherheitsmaßnah
men" halten.
97 Art. 41 Abs. 1 SRÜ 1982.
98 Art. 42 Abs. 2 SRÜ 1982.
99 So auch ß.-O. Bryde, Militärische und sicherheitspolitische Implikationen der neuen See-
rechtskonvention, in: J. Delbrück (Hrsg.), Das neue Seerecht, 1984, S. 151-190, 176.
100 Statt vieler W. Münch, Meerengen (Fn. 19), S. 127 ff.
101 So auch L.M. Alexander, International Straits (Fn. 21), S. 91; E. Rauch, Protocol Additional
(Fn. 13), S. 48; H.B. Robertson Jr., Virginia J.I.L. 20 (1980), 801-857, 843 ff.; J.N. Moore, AJIL
74 (1980), 95; R.I. Clove, Naval Law Review XXXIX (1990), 108 ff.; W.T. Burke, Wash.L.Rev. 52
(1977), 193; E. Beckert/G. Breuer (Fn. 13), Rdn. 319; ß.-O. Bryde, Implikationen (Fn. 99), S.
176 f., 182 f.; W. Münch, Meerengen (Fn. 19), S. 111 ff.
102 So auch Oppenheim/Lauterpacht (Fn. 61), S. 693; L.M. Alexander, International Straits
(Fn. 21), S. 93; E. Rauch, Protocol Additional (Fn. 13), S. 45 ff.; H.B. Robertson Jr., The "New"
Law of the Sea (Fn. 22), S. 21 f.; Y. Dinstein, Neutrality in Sea Warfare, in: EPIL 4, S. 19 f.; W.
Münch, Meerengen (Fn. 19), S. 44; B.A. Harlow, UCLA Pacific Basin L.J. 3 (1984), 50; R.J.
Grunawalt, Belligerent and Neutral Rights in Straits and Archipelagos, in: ThA. Clingan, Jr.
(ed.), The Law of the Sea: What Lies Ahead?, Honolulu 1988, S. 137-140, 137 f.; N. Ronzitti.
Passage (Fn. 19), S. 366 ff. Zweifelnd, ohne jedoch Stellung zu beziehen, A.V. Lowe, Comman
der’s Handbook (Fn. 46), S. 123.