Die Umsetzung des SRÜ in nationalen Anweisungen für die Streitkräfte
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sind diese Beispiele schwerlich zum Nachweis eines entsprechenden allgemeinen
Gewohnheitsrechtssatzes geeignet, betreffen sie doch mehrheitlich eben die
skandinavischen Staaten. 82 Hinzu kommt, daß beispielsweise das Auswärtige Amt
in einem Memorandum vom 6. Juni 1940 die Auffassung vertreten hatte, es sei
unmöglich, gegenüber Schweden einen Anspruch auf ungehinderte Durchfahrt
deutscher Handelsschiffe durch den Sund auf Gewohnheits- oder Vertragsrecht
zu stützen. 83
Was die Staatenpraxis seit 1945 84 anbelangt, so ist festzustellen, daß zunächst
wieder nur einige skandinavische Staaten in Akten nationaler Rechtsetzung mehr
oder weniger eindeutig ihrer Bereitschaft Ausdruck verliehen haben, den Han
dels-, Kriegsschiffen und militärischen Luftfahrzeugen der Konfliktparteien die
Durchfahrt durch bzw. den Überflug über ihre internationalen Meerengen offen
zuhalten. 85 Daher ist es zweifelhaft, ob bis zum Abschluß der 3. Seerechtskonfe
renz der Vereinten Nationen im Jahre 1982 von der Existenz eines Verbots der
vollständigen Schließung internationaler Meerengen durch die neutralen Anlie
gerstaaten ausgegangen werden kann. 86
nal right of unimpeded passage of foreign warships in time of war through the Baltic Straits"
(ebd., S. 841).
82 Hinzugefügt sei, daß auch im Harvard Draft von 1939 kein ausdrückliches Verbot der Schlie
ßung internationaler Meerengen enthalten ist. Lediglich in der Kommentierung zu Art. 25
wird das Meerengenproblem in Bezug genommen (AJIL 33 [1939], Suppl., 424 f.). Diese Aus
führungen beschränken sich indes auf die türkischen Meerengen und auf den Panama- sowie
den Suez-Kanal. Im übrigen wird festgestellt, der StIGH habe im Wimbledon-Fall lediglich
nachgewiesen, daß die Nutzung internationaler Wasserstraßen mit der Neutralität nicht un
vereinbar sei.
83 OKM, Urkunden zum Seekriegsrecht (Fn. 27), Nr. 432.
84 Zu den wenigen Beispielen der Nutzung internationaler Meerengen durch Kriegsschiffe der
Parteien eines internationalen bewaffneten Konflikts vgl. die Nachweise bei D.P. O'Connell, The
Influence of Law on Sea Power, 1975, S. 99 ff.
85 So die schwedische Verordnung Nr. 366 vom 3. Juni 1966 (Fn. 28); und, wenngleich indirekt,
die dänische Verordnung vom 27. Februar 1976 betreffend die Zulassung von fremden Kriegs
schiffen und militärischen Luftfahrzeugen (U.N. ST/LEG/SER.B/19, 142). Dazu E. Rauch,
Protocol Additional (Fn. 13), S. 43 f.; E. Beckert/G. Breuer (Fn. 13), Rdn. 1501 ff. Die schwedi
sche Verordnung von 1966 ist am 17. Juni 1982 durch die Ordinance concerning Intervention
by Swedish Defence Forces in the Event of Violations of Swedish Territory in Peacetime and in
Neutrality (Swedish Code of Statutes 1982:756) revidiert worden. Von den Beschränkungen
des Durchfahrtsrechts für Kriegsschiffe und militärische Luftfahrzeuge ist aber der schwedi
sche Teil des Öresunds ausgenommen, der ohne vorherige Anmeldung durchfahren bzw.
überflogen werden darf. Dazu auch E. Beckert/G. Breuer (Fn. 13), Rdn. 1497.
86 A.A. E. Rauch (Protocol Additional [Fn. 13], S. 44), der meint: "Taken together, doctrine and
State practice would seem to justify the conclusion that if the littoral States are neutral, in
nocent passage of belligerent warships through international straits in time of war may be
interfered with only in exceptional cases.” Vgl. ferner Oppenheim/Lauterpacht (Fn. 61), S. 696,
die unter Berufung auf ein obiter dictum des StIGH im Wimbledon-Fall von einem unein-
schränkbaren Durchfahrtsrecht ausgehen. Der StIGH hatte sich bezogen auf "the general
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