Die Umsetzung des SRÜ in nationalen Anweisungen für die Streitkräfte
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Konfliktparteien die Durchfahrt durch sein Küstenmeer zu verbieten. 71 Diese
Möglichkeit besteht indes nicht im Falle von internationalen Meerengen, in denen
das Recht auf Transitdurchfahrt gilt, und im Falle von Archipelschiffahrtswegen.
2. Internationale Meerengen
Bereits die II. Haager Friedenskonferenz hatte sich im Zusammenhang mit den
Rechten und Pflichten Neutraler im Seekrieg mit dem Meerengenproblem befaßt.
So hatte der schwedische Delegierte den Entwurf des Institut de Droit Internatio
nal aus dem Jahre 1894 72 in Bezug genommen und erklärt: "Si le droit des neu
tres d'interdire l'accès de ses eaux territoriales aux navires de guerre et aux prises
est consacré comme le porte la proposition britannique article 30, il faudrait
ajouter à cette disposition une exception du même contenu que la résolution de
l'Institut." 73 Der dänische Delegierte hatte einen Änderungsvorschlag unterbreitet,
dem zufolge die Vorschriften des Abkommens nicht zu verstehen sein sollten, "de
façon à prohiber en temps de guerre le passage simple des eaux neutres, unissant
deux mers libres par un navire de guerre ou navire auxiliaire d'un belligérant." 74
Demgegenüber hatten sich insbesondere die Delegierten Japans und des Osmani-
schen Reichs auf den Standpunkt gestellt, Meerengen seien ebenso zu behandeln
wie die sonstigen Küstengewässer. 75 Letztlich blieb die Meerengenfrage im XIII.
wie auch im VIII. Haager Abkommen ungeregelt. Zwar hatte die dritte Kommission
in ihrem Bericht vom 9. Oktober 1907 an die Gesamtkonferenz hinsichtlich der
71 Art. 9 des XIII. Haager Abkommens von 1907; NWP 9, para. 7.3.4.1; Canadian Draft Manual,
para. 1513; Zdv 15/2, Nr. 1137.
Die Schließung des Luftraums über dem .Küstenmeer für militärische Luftfahrzeuge der Kon
fliktparteien ist - abgesehen davon, daß das Recht auf friedliche Durchfahrt nicht den Über
flug umfaßt - gar eine Pflicht der nicht am Konflikt beteiligten Staaten. Dazu J.M. Spaight, Air
Power and War Rights, 3rd ed. 1947, S. 420 ff.; R.W. Tucker (Fn. 62), S. 251; E. Castrén, The
Present Law of War and Neutrality, 1954, S. 588 f.
72 "Les détroits qui servent de passage d'une mer libre à une autre mer libre, ne peuvent jamais
être fermés."
73 Stellungnahme des schwedischen Delegierten während der dritten Sitzung der zweiten Unter
kommission vom 27. Juli 1907; abgedruckt bei: Th. Niemeyer, Urkundenbuch (Fn. 23), S.
1009.
74 Abgedruckt bei: Th. Niemeyer, Urkundenbuch (Fn. 23), S. 922 (Annexe 45). Damit sollte of
fensichtlich in bezug auf Meerengen das Recht der Neutralen auf Sperrung ihrer Küstenge
wässer ausgeschlossen werden. Demgegenüber hatte Art. 32 des britischen Entwurfs, auf den
sich der dänische Vorschlag bezog, lediglich klarstellen sollen, daß die bloße Durchfahrt von
Kriegsschiffen durch neutrale Küstengewässer weder seitens der Konfliktparteien noch seitens
der Neutralen als Neutralitätsverletzung aufgefaßt werden darf, wenn der neutrale Küsten
staat diese nicht verbietet.
75 Während der osmanische Vertreter vor allem auf die für die Dardanellen und den Bosporus
anwendbaren Verträge hinwies, erklärte der japanische Vertreter: "[...] le Gouvernement japo
nais ne prenait aucun engagement concernant les détroits qui séparent le nombreuses îles ou
îlots qui composent l'empire japonais et qui ne sont que des parties intégrantes de l'empire";
abgedruckt bei: Th. Niemeyer, Urkundenbuch (Fn. 23), S. 893.