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Full text: Nationale Folgerungen aus dem Inkrafttreten des UN- Seerechtsübereinkommens (BSH-Berichte, Nr. 5)

Die Umsetzung des SRÜ in nationalen Anweisungen für die Streitkräfte 55 
zivile Luftfahrzeuge in den Luftraum über einer vom Küstenmeer des Gegners 
umfaßten internationalen Meerenge grundsätzlich auf eigene Gefahr einfliegen.° 2 
Eine im übrigen uneingeschränkte Übertragung des friedensmäßigen Überflu- 
grechts neutraler Luftfahrzeuge über internationalen Meerengen auf die Zeit eines 
bewaffneten Konflikts begegnet indes erheblichen praktischen Bedenken. Im Ver 
gleich zu Schiffen bewegen sich Luftfahrzeuge bedeutend schneller vorwärts. Wie 
der sog. Vmcennes-Zwischenfall während des Iran-Irak-Konflikts 52 53 verdeutlicht, 
erlaubt die zur Verfügung stehende Reaktionszeit nur in seltenen Fällen eine hin 
reichend sichere Identifizierung, selbst wenn das betreffende Luftfahrzeug sich 
innerhalb eines vorbestimmten Lufkorridors befindet und mittels eines Transpon 
ders seinen nicht-gegnerischen Charakter übermittelt. Daher wird eine Konflikt 
partei angesichts der damit verbundenen Bedrohungsperzeption schwerlich bereit 
sein, der friedlichen Luftfahrt das Recht auf Überflug über seine internationalen 
Meerengen zu gestatten. Gute Gründe sprechen somit dafür, daß das Recht auf 
Transitdurchfahrt während eines internationalen bewaffneten Konflikts für Luft 
fahrzeuge nicht gilt. Doch auch insoweit gibt die Staatenpraxis über den Stand 
des Rechts allenfalls indirekten Aufschluß. Wie die schwedische Bekanntmachung 
Nr. 366 vom 3. Juni 1966 54 zeigt, scheinen sich die Anliegerstaaten das Recht 
vorzubehalten, internationale Meerengen im bewaffneten Konflikt nicht nur für 
gegnerische militärische Luftfahrzeuge zu schließen. Läßt sich somit dem mariti 
men ius in bello kein ausdrückliches Verbot der vollständigen Sperrung interna 
tionaler Meerengen, die vom Küstenmeer der Konfliktparteien umfaßt sind, ent 
nehmen, verbleibt nur noch die ex-post-Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit nach 
Maßgabe des ius ad bellum, die indes mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist. 
II. Archipelgewässer 
In engem Zusammenhang mit dem soeben behandelten Problem steht die Frage 
nach partiellen Beschränkungen der Konfliktparteien in bezug auf die friedliche 
Schiffahrt in ihren Archipelgewässern. Zwar bleibt es ihnen unbenommen, in den 
Teilen, in denen lediglich das Recht auf friedliche Durchfahrt besteht, dieses aus 
zusetzen 55 , etwas anderes gilt indes hinsichtlich des Rechts der Durchfahrt auf 
Luftkriegsregeln, Haager von 1923, in: WVR II, S. 441-442, 442. Differenzierend: R. Bierzanek, 
Commentary on the 1923 Hague Rules, in: N. Ronzitti (ed.), Law of Naval Warfare (Fn. 10), S. 
396-408, 404 ff. 
52 So auch N. Ronzitti, Crisis (Fn. 19), S. 25; ders., Passage (Fn. 19), S. 379 f.; Canadian Draft 
Manual, para. 1521. Eine andere Frage ist, ob und inwieweit zivile Passagierflugzeuge einen 
besonders geschützten Status haben. 
53 Zu den Einzelheiten vgl. den Bericht der ICAO vom 7. November 1988, ILM 28 (1989), 900 ff.; 
ferner N. Friedman, The Vincennes Incident, U.S.N.I.P. 115 (May 1989), 74-78; D. Evans, Vin 
cennes - A Case Study, U.S.N.I.P. 119 (August 1993), 49-56. 
54 Vgl. oben Fn. 28. 
55 Vgl. die Nachweise in Fn. 13.
	        
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