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Wolff Heintschel von Heinegg
getauchtem Zustand Gebrauch machen dürfen. Diese Einschränkung des Rechts
auf Transitdurchfahrt für U-Boote rechtfertigte sich aus dem anerkennungswür-
digen Interesse des kriegführenden Küstenstaates, über den Schiffsverkehr in
seinem Küstenmeer möglichst genau informiert zu sein. Auch die Interessen der
neutralen Flaggenstaaten würden nicht übermäßig beeinträchtigt, zumal die
Identifikation von getauchten U-Booten je nach Beschaffenheit der in Frage ste
henden Gewässer immer noch beträchtliche technische Schwierigkeiten bereitet. * 47
Weitere, darüber hinausgehende konkrete Schlußfolgerungen sind aber in Er
mangelung einer aussagekräftigen Staatenpraxis nicht möglich. Der Charakter
des maritimen Kriegs- und Neutralitätsrechts als Notordnung schränkt die Mög
lichkeiten zur Aufhebung des Rechts auf Transitdurchfahrt jedoch erheblich ein,
so daß von deren Zulässigkeit nür in besonders gelagerten, möglicherweise nur
dem nationalen Notstand vergleichbaren Situationen ausgegangen werden kann. 48
Die vorstehenden Grundsätze sind auf das gemäß Art. 38 Abs. 1 SRÜ 1982 von
der Transitdurchfahrt umfaßte Überflugrecht nur eingeschränkt übertragbar. 49 So
fällt zunächst ins Auge, daß die in Bezug genommene Bestimmung des Hand
buchs der US Navy lediglich ein Verbot des vollständigen Verminens internationa
ler Meerengen enthält 50 , es im übrigen aber an einem ausdrücklichen Verbot der
Schließung des Luftraums internationaler Meerengen fehlt. Zwar steht außer Fra
ge, daß gegnerische Militärflugzeuge im Luftraum über internationalen Meerengen
keinen besonderen Schutz genießen und daß gegnerische zivile Luftfahrzeuge ab
gefangen, zur Landung gezwungen und unter bestimmten Voraussetzungen be
schlagnahmt werden können. 51 Darüber hinaus besteht Einigkeit darüber, daß
Straits, Wash.L.Rev. 52 (1977), 193-220; R.J. Grunawalt, United States Policy on International
Straits, ODIL 18 (1987), 445-458.
47 Zu den technischen Aspekten der U-Boot-Ortung und -Bekämpfung vgl. H.D. Jopp, Marine
2000, 1989, S. 127 ff., 153 ff.
48 Wie hier K. Zemanek, Meerengen, in: WVR II, S. 494-495, 495. Baxter hatte bereits im Jahre
1954 festgestellt: "There is some basis for concluding that a belligerent is under an obligation
to provide passage, subject to reasonable measures of security and control such as compulso
ry pilotage and navigation by day, to neutral vessels and that it may completely block passage
of a strait only as a last resort in the most urgent and compelling of circumstances."; BYIL
XXXI (1954), 204. Diese Schlußfolgerung bezog sich naturgemäß aber auf das Recht der fried
lichen Durchfahrt, da das Transitrecht zur Zeit der Veröffentlichung noch nicht bekannt war.
A.A. £. Rauch, Protocol Additional (Fn. 13), S. 45, der den Konfliktparteien lediglich das Recht
zugesteht, die neutrale Schiffahrt "reasonable measures of security and control" zu unterwer
fen. Zu dieser Schlußfolgerung gelangt Rauch indes nicht aufgrund einer entsprechenden
Staatenpraxis, sondern allein aufgrund des Urteils des IGH im Korfu-Kanal-Fall.
49 Beachte, daß das Recht auf Überflügln Meerengen i.S.d. Art. 36 und 38 Abs. 1 SRÜ 1982, 1.
Alt., nicht gilt.
so NWP 9> para . 9.2.3 Abs. 3.
51 Vgl. allein Art. 34 und 49 der Haager Luftkriegsregeln von 1923, die, wenngleich sie niemals
in Kraft getreten sind, insoweit geltendes Gewohnheitsrecht wider spiegeln. So u.a E. Spetzler,
Luftkrieg und Menschlichkeit, Göttingen/Berlin/Frankfurt 1956, S. 156; F.A. v.d.Heydte,