Seerecht setzt Wirtschaftsrecht
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wissenschaftlich nur mit sehr großem Aufwand festzustellen. Falls klare Vor
gaben zum Bestandsschutz vorliegen, stehen sie in einem Zielkonflikt mit
kurzfristigen Beschäftigungs- und Einkommenszielen der Fischer, die die Poli
tiker nur allzu bereitwillig aufgreifen und (durch Subventionen) unterstützen
und so das gesamteRegelungskonzept wieder kippen.
Seit Einführung der 200-sm-Zonen ist der Weltfischfang stark angestiegen. Für
die Industrieländer ist zusätzlich eine deutliche Konsumveränderung in Rich
tung auf cholesterinarme Nahrungsmittel Fisch festzustellen. Eine maßvolle
Ressourcennutzung ist durch die Seerechtsentwicklung nicht gefördert wor
den. Der Raubbau geht auch außerhalb der 200 sm, d.h. auf hoher See, weiter,
obwohl das Seerechtsübereinkommen in den Art. 116 ff. für die Fischerei au
ßerhalb der AWZ
- die Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen,
- die Berücksichtigung der Interessen der Küstenstaaten,
- die Anerkennung des Grundsatzes der Bestandserhaltung sowie
- die Zusammenarbeitsverpflichtungen und den Informationsaustausch vor
schreibt.
Diese Verpflichtungen sind an sich ein Fortschritt gegenüber dem alten Recht,
aber sie greifen erst dann, wenn die staatlichen Behörden der Flaggenstaaten
in der Lage sind, die Verpflichtungen umzusetzen und gegenüber Fischern
unter ihrer Flagge durchzusetzen. Diesem Ziel dient ein neues noch nicht gel
tendes FAO-Abkommen von 1994, das die Aufsichtspflichten des Flaggenstaa
tes präzisiert (33 ILM 968, 1994). Solange Fischereifahrzeuge unter Billigflag-
gen (oder auch gänzlich ohne Flagge) eingesetzt werden, und somit häufig kei
ne flaggenstaatliche Aufsicht besteht, bleibt der Fisch auf hoher See ein Frei
gut. Die Frustration über Fischereistreitigkeiten wird weitergehen, solange es
keine wirksamen Sanktionen gegen Regelverstöße und Betrug gibt.
Die Verärgerung etwa von Kanada ist verständlich, wo Eingriffsrechte zur Fi
schereikontrolle unter Berufung auf das Seerechtsübereinkommen (Art. 116 ff.)
jetzt zunehmend gefordert und vereinzelt auch außerhalb der 200-sm-Grenzen
durchgesetzt wird, wofür es aber im SRÜ keine klare Rechtsgrundlage gibt.
Die Versuche, bestimmte Fangmethoden (z.B. Treibnetze) international zu ver
bieten, oder bestimmte Fischarten (z.B. Wale) international zu schützen, gehen
weiter ebenso wie die Versuche zum Aufbau von kompetenten Fischereibehör
den in allen Fischfangländern. Relativ gut entwickelt ist der Schutz der mari
nen Lebewesen in der Antarktis. Eine UN-Konferenz für grenzüberschreitende
und weit wandernde Fischbestände (Straddling and Highly Migratory Fish
Stocks) wird 1995 voraussichtlich zu einem Abschluß kommen.
In der Volkswirtschaftslehre fehlt es nicht an marktwirtschaftlichen Modellen
für ein nachhaltiges Fischereimanagement. Der Verkauf von Fischereilizenzen
oder die Versteigerung von individuellen zeitlich oder räumlich beschränkten
Fischereirechten können dem Bestandsschutz möglicherweise viel besser die
nen als das gegenwärtige Seerecht. Fischereilizenzen, einmal vergeben, sind