Skip to main content

Full text: 5: Nationale Folgerungen aus dem Inkrafttreten des UN- Seerechtsübereinkommens

14 
Axel Werbke 
2. Komplizierter als diese Rechtsbereinigung sind solche SRÜ-Folgemaßnah- 
men, bei denen es darum geht, daß Deutschland seine aus dem Übereinkom 
men erwachsenden Verpflichtungen als Vertragspartei zu erfüllen vermag. Hier 
kann z.B. die Bestimmung zuständiger Behörden in Betracht kommen - etwa 
für die Übermittlung von Unterlagen des Flaggenstaats über Strafverfahren ge 
gen seine Schiffe an einen anderen Staat nach Art. 228 Abs. 1 SRÜ - oder die 
aus Art. 91 ff. SRÜ folgende Verpflichtung, bei der staatlichen Zuordnung der 
Schiffe noch bestehende Rechtslücken zu füllen und z.B. auch für deutsche 
Binnenschiffe, wenn sie auf internationalen Gewässern wie dem Kiel-Ostsee- 
Weg aufkreuzen sollten, im Flaggenrecht einen völkerrechtlich relevanten Sta 
tus zu schaffen. Das umfangreichste Pflichtenpaket enthält innerhalb des SRÜ 
der Meeresbergbauteil XI und das dazu geschlossene Durchführungsüberein 
kommen; Herr Koch wird darüber referieren. Alle diese Änderungsvorschläge, 
soweit sie den Bundesgesetzgeber betreffen, liegen jetzt im Rahmen des er 
wähnten Entwurfs zum SRÜ-Ausführungsgesetz als eines der ersten Vorhaben 
dem neuen Bundestag vor 21 . 
3. Sind unsere Seekarten - sprich: die öffentlich-rechtlichen Seevorschriften 
des Bundes - damit in Ordnung? Sie können nicht vollständig in Ordnung 
sein, solange nicht drittens das erforderliche Plazet aus Brüssel darauf ist; 
oder aus LuxemburR, vom Europäischen Gerichtshof (EuGH). Ein Rechtssatz 
wie Art. 91 Abs. 1 SRÜ beispielsweise, wonach jeder Staat autonom die Bedin 
gungen festlegt, zu denen er Schiffen seine Staatszugehörigkeit gewährt, und 
zwar unter dem Obligo, daß zwischen dem Staat und dem Schiff eine echte 
Verbindung - der berühmte „genuine link“ - bestehen muß, wird nach der 
Rechtsprechung des EuGH im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander 
durch die Niederlassungsfreiheit nach den Art. 52 und 221 des EG-Vertrages 
verdrängt 22 . Dies hat zur Folge, daß Schiffe jeglicher EG-ausländischer 
Schiffseigentümer im Prinzip die Bundesflagge führen dürfen, auch wenn der 
Eigentümer in Deutschland keinen Wohn- oder Geschäftssitz hat und die 
deutschen Besatzungsmitglieder in der Minderzahl sind. Mit dem Problem, daß 
uns dritte SRÜ-Parteien insofern einen Verstoß gegen das genuine link-Erfor- 
dernis zur Last legen können, müssen wir allein klarkommen. Hier tun sich im 
Ansatz Abgründe auf - Abgründe zwischen Europarecht und Völkerrecht, 
21 Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage der innerstaatlichen Wirkung bzw. Umset 
zung von Entscheidungen des Internationalen Seegerichtshofs; vgl. Peter Seidel, Zustän 
digkeit und Verfahren des Internationalen Seegerichtshofes in Angelegenheiten der Schiff 
fahrt, Schriften des Deutschen Vereins für Internationales Seerecht, Reihe A, Heft 56, 
Hamburg 1986. 
Urteil des Europäischen Gerichtshofs Factortame II, Rs. 221/89, Amtl. Sammlung 1991 I, 
S. 3905. 
22
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.