7
Die rechtliche Rolle des UN-Seerechtsübereinkommens
bei seinem Inkrafttreten
von Axel Werbke
Im Jubiläumsjahr ihres 575. Geburtstags richtet die Universität Rostock, zu
sammen mit ihrem Ostseeinstitut für Seerecht und Umweltrecht und dem
Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie, den Blick auf das am 16.
November dieses Jahres in Kraft tretende Seerechtsübereinkommen der Verein
ten Nationen von 1982 (SRÜ). Sie hat, als älteste Universität des gesamten
Ostseeraums, stets auch auf das Meer geblickt. Als sie gegründet wurde,
brachen Expeditionen Heinrichs des Seefahrers aus Portugal nach Westafrika
auf, und Niccolö di Conti aus Venedig wagte sich über Indien zu den Sunda-
Inseln vor. Mit dem SRÜ werden jetzt erstmals alle Seegebiete der Erde einer
umfassenden vertraglichen Vereinbarung unterworfen. Darin sind traditionelle
Elemente des Seerechts aller Zeiten mit Zukunftsperspektiven einer - wie beim
Tiefseebergbau - erst sich abzeichnenden Realität zu einem einzigartigen
Rechtsregime verarbeitet. Sehr vieles ist neu, manches Neue inzwischen
Gewohnheitsrecht, manches aber auch bereits überholt. Ich will versuchen, die
rechtliche Rolle zu bezeichnen, die heute an der "Grenzlinie zur 200-Tage-
Zone", bezogen auf den Basispunkt des Inkrafttretensdatums 16. November
1994, dem SRÜ insgesamt für den deutschen Rechtsanwender zukommt.
I.
Mein Thema ist nicht die rechtsstiftende Rolle des SRÜ im Verlaufe seiner
Entstehung oder sein rechtsdogmatischer Stellenwert. Unter dem Aspekt der
Rechtsanwendung in Deutschland will ich zunächst seevölkerrechtliche Rege
lungsbereiche aussondern, für die es auf das Inkrafttreten des SRÜ nicht
ankommt.
Dabei kann erstens die rechtspolitische Abrechnung mit der Vergangenheit kurz
ausfallen. Aus deutscher Sicht ist es nun einmal so: Einen Prominentenplatz un
ter den Verlierern der Seerechtsentwicklung der vergangenen Jahrzehnte kann
uns keiner mehr nehmen. Deutschland gehört beim Vergleich der staatlichen