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Die AWZ als Instrument des Meeresumweltschutzes wird von Politikern und
Umweltschützern gerne überschätzt. Einige kritische rechtliche Anmerkungen
sind erforderlich:
a) Die Umweltschutzvorschriften des SRÜ haben überwiegend programmati
schen/deklaratorischen Charakter. Sie schaffen wenige materielle neue Rechte,
während viele Umwelttatbestände in Europa mit einer Reihe von regionalen oder
speziellen Konventionen seit längerer Zeit geregelt sind und dem SRÜ als
Vorbild gedient haben. Nach geltendem Völkerrecht ist der Erlaß von nationalen
Vorschriften in der AWZ und deren Durchsetzung beschränkt auf Fälle der
Durchsetzung allgemein anerkannter internationaler Regeln und Normen. Das
bedeutet internationale Organisationen wie die IMO müssen zunächst allge
meine Vorschriften entwickeln, die international anerkannt sein müssen, bevor
sie z.B. in der deutschen AWZ durchgesetzt werden können. Nationale oder eu
ropäische "Alleingänge" im Interesse des Umweltschutzes lassen sich über die
AWZ nicht erreichen.
b) Die AWZ-Vorbereitungen in der Nordsee im Rahmen der Nordsee-Schutz-
Konferenzen konzentrieren sich auf die ohnehin schon stark reglementierte
Schiffahrt. Leider sind Bemühungen zur Verbesserung des Umweltschutzes der
Offshore-Öl- und -Gaseinrichtungen in den jeweiligen Wirtschaftszonen nicht
vorgesehen, obwohl die Art. 208, 209, 214 und 215 SRÜ eine Möglichkeit zur
Weiterentwicklung dieser Aspekte des Umweltschutzes bieten würden, z.B. was
die Beseitigung aufgegebener oder verunglückter Plattformen angeht.
c) Ein Zugewinn an konkreten Kontrollbefugnissen in der AWZ und eine spürba
re Verbesserung des Meeresumweltschutzes ist also allenfalls über einen
längeren Zeitraum zu erwarten, der für die Schaffung anerkannter internationaler
Standards genutzt werden muß. Weiterhin schafft-die AWZ einen Rechtsrahmen
zur Regelung neuer bisher ungeregelter Sachverhalte. Es bleibt somit die
Chance, die AWZ als Beitrag für neue staatliche Aufgaben und Dienste auf See
zu begreifen und damit als Beitrag für eine maritime Politik.