4 Zum 100, Geburtstage des Gründers der Deutschen Secewarte, Georg von Neumayer,
Gleich bei Beginn der Verhandlungen mit diesem Institut wurde auch die
Frage aufgeworfen, ob es nicht möglich sei, zu den Karten einen erläuternden
Text fortlaufend zu veröffentlichen. Obwohl diese Anregung von beiden Seiten
gutgeheißen worden war, da man die Nützlichkeit einer solchen Veröffentlichung
für die Schiffahrt ohne weiteres einsah, so zogen sich doch die darüber ge-
pflogenen Verhandlungen in die Länge, da man sich nicht einigen konnte, in
welcher Sprache diese Veröffentlichungen erfolgen sollten. Der Tod des Direktors
Hoffmeyer trug dann auch noch dazu bei, daß der Plan nicht durchgeführt
wurde. Erst nach geraumer Zeit, im Jahre 1888, konnte, nachdem schon die
vier ersten Quartale der synoptischen Wetterkarten erschienen waren, unter dem
Namen „Vierteljahrs-Wetter-Rundschau“ eine Erläuterung zu den synop-
tischen Wetterkarten veröffentlicht werden. Hiermit war wieder ein vorzügliches
Hilfsmittel für die praktische Navigation geschaffen worden, da in der Rundschau
die einzelnen Segelschiffsreisen auf Grund der jeweilig angetroffenen Wetterlage
eingehend besprochen wurden, so daß man daraus Lehren ziehen konnte, wie
man vorkommendenfalls eine ähnliche Wetterlage zur Förderung der Reise aus-
nutzen könne.
Wenn Neumayer auch zunächst bestrebt war, alles zu tun, was zur Förderung
der Segelschiffahrt dienen würde, so stemmte er sich jedoch auch anderseits
nicht gegen den Zug der Zeit, sondern suchte, als die Dampfer sich immer mehr
in den Vordergrund drängten, auch für diese Hilfsmittel zu schaffen, die ihre
Navigation erleichtern sollten. So entstand im Jahre’1901 die „Nordatlantische
Wetterausschau“, Karten, die jeden Monat erschienen und so ziemlich alles
enthielten, was für das Befahren des Nordatlantischen Ozeans für. die praktische
Schiffahrt von Wert war. So zeigten die Karten einen aus langjährigen Beob-
achtungen abgeleiteten Durchschnitt für die Wahrscheinlichkeit der zu erwartenden
Witterung. Auch brachten sie den mittleren Luftdruck, die Lagerung der die
Witterung so sehr beeinflussenden Maxima, die atmosphärischen Depressionen,
die Windverhältnisse für jedes Fünfgradfeld, die Prozentangabe der vorkommenden
Stürme, die Wassertemperaturen und die Häufigkeit des Nebels in Stunden.
Außerdem waren auch die wichtigsten Dampferwege eingetragen. Diese Karten
wurden denn auch von der Schiffahrt freudig begrüßt, doch wurde der Wunsch
lautbar, die Karten in etwas größerem Maßstab herzustellen, damit sie als Über-
segler verwendet werden könnten, Gern folgte Neumayer dieser Anregung,
und brachte im Mai 1902 eine Karte in größerem Maßstab heraus, die unter dem
Namen „Monatskarte für den Nordatlantischen Ozean“ erschien und in
der Folge von den meisten, den Nordatlantischen Ozean kreuzenden Schiffen mit
Vorliebe als Übersegler benutzt wurde.
Sehr hindernd für die Schiffahrt machte sich seinerzeit der Mangel jeglicher
deutscher Literatur über Häfen und Küsten bemerkbar, Den Schiffsführern
standen nur fremdländische, meist englische Aufzeichnungen zur Verfügung.
Aber auch hierin wußte Neumayer schnell Wandel zu schaffen, Er veranlaßte
zunächst, daß alle von Schiffen oder anderweitig eingehenden Berichte über Häfen
und Küstenfahrten in den „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie“
Aufnahme fanden. Als dann die Dampferfahrt sich immer mehr in den Vorder-
grund schob, wurde 1891 dazu übergegangen, systematisch hestimmte Küsten-
striche mit ihren Häfen zu bearbeiten und sie in Form von Küstenhandbüchern
den Seefahrern zugänglich zu machen. Zur Erledigung dieser für die Schiffahrt
so wichtigen Arbeiten wurde auf der Deutschen Seewarte eine neue Abteilung
geschaffen und die Leitung derselben in die Hände bewährter Herren, wie Kapitän
zur See z. D. Chüden, Kapitän zur See Meuß und Admiralitätsrat Wislicenus,
gegeben. Es kamen so, von dieser Abteilung bearbeitet, im Laufe der Jahre
Küstenhandbücher für den Englischen, Irischen und Bristol-Kanal, für
die Westküste von Frankreich, für die afrikanische Westküste, für die
wichtigsten Häfen Chinas, für die Ostküste Südamerikas und für die
Westküste Irlands heraus,
Alle diese Arbeiten konnten natürlich nur wieder dank der eifrigen und
wertvollen freiwilligen Mitarbeiten aus Kreisen der Kriegs- und Handelsmarine,