Paulus, A,: Neomayer als Förderer der Schiffahrt.
93
für spezielle Reisen schon nach Herausgabe des Segelhandbuches für den Atlan-
tischen Ozean bedeutend abnahmen, Neumayer kann daher durch Herausgabe
dieser Werke zweifellos das Recht für sich in Anspruch nehmen, den Schiffs.
führern ein Werkzeug in die Hand gegeben zu haben, mit dem sie es erreichten,
die Reisen nach den verschiedenen Erdteilen in erheblich kürzerer Zeit zurück.
zulegen, als es vordem möglich war. Ohne Studium der Segelhandbücher hätten
beispielsweise jedenfalls Reisen von Lizard nach Philadelphia in 20, nach Santos
in 30, nach Iquique in 57, nach Honolulu in 102, nach Yokohama in 114, nach
Calcutta in 83 Tagen nicht gemacht werden können,
Bezeichnend für die Denkungsart Neumayers, alle seine Kräfte zum Besten
der Schiffahrt einzusetzen, ist der Schlußabsatz zu seinem, jedem Segelhandbuch
beigegebenen Vorwort; er lautet: „Indem die Direktion das Segelhandbuch der
Öffentlichkeit übergibt, hofft sie durch den in demselben zutage tretenden Geist
Zeugnis dafür abzulegen, daß sie den Gedanken, welcher dem Institute der See-
warte zugrunde liegt, zum Nutzen und Frommen der Seefahrt, sowie namentlich
zu deren Sicherheit nach Kräften zu wirken, unverrückt im Auge behält, Bei
dem Aufschwung, welchen Deutschlands überseeische Beziehungen in jüngster
Zeit genommen, bei den Kolonialbestrebungen der deutschen Nation müssen sich
gediegen6 Segelanweisungen als Hilfsmittel für die größere Sicherheit des Welt-
verkehrs zur See von großem Nutzen erweisen.“
Auf der Konferenz für maritime Meteorologie zu London im September 1874
war es für wünschenswert erklärt worden, daß jedes maritim-meteorologische
Institut seine durch Mitarbeiter auf See gesammelten Beobachtungen nebst den
daraus abgeleiteten Mittelwerten nach einzelnen Quadratgraden zusammenstelle
und veröffentliche, damit jedes ausländische Institut sie auf möglichst leichte
Weise seinen eigenen Beobachtungen und Resultaten einreihen könne. Infolge-
dessen übernahm die Deutsche Seewarte nach Übereinkunft mit anderen meteoro-
logischen Instituten die Zusammenstellung und Veröffentlichung der meteoro-
logischen Beobachtungen für die Eingradfelder des Nordatlantischen Ozeans
zwischen 50° und 20° N-Br. Neumayer, sofort erkennend, daß sich aus einer
solchen Arbeit viel Wertvolles für die praktische Schiffahrt herausholen ließe,
trat mit dem Direktor des Niederländischen Meteorologischen Institutes, Professor
Dr. Buys-Ballot, in Verbindung, um gemeinsam ein geeignetes Schema für diesen
Zweck auszuarbeiten. Beide Direktoren kamen auch überein, ihr Material kostenlos
auszutauschen, um möglichst viel Material für die einzelnen Gradfelder zu ZO-
winnen, Ein Versuch, mit dem Meteorological Office in London eine ähnliche
Vereinbarung zu treffen, mißlang, da dieses Institut für etwa 177000 Beob-
achtungssätze, die sich auf den östlich von 30° W-Lg. gelegenen Teil des Nord-
atlandischen Ozeans bezogen, rund 1800 £ Extrahierungs- und Kopierungskosten
beanspruchte, So mußte es bei den zwischen Neumayer und Buys-Ballot ge
troffenen Abmachungen bleiben, und es entstand das Werk „Resultate meteoro-
logischer Beobachtungen von deutschen und holländischen Schiffen
für Eingradfelder des Nordatlantischen Ozeans“, Diese Resultate dienten
vielfach als Grundlage zu weiteren für die Schiffahrt wertvollen Veröffent.
lichungen,
Im Jahre 1878 knüpfte Neumayer auch mit dem Direktor des Dänischen
Meteorologischen Institutes, Kapt. Hoffmeyer, Verhandlungen an, die den Zweck
verfolgten, die von Hoffmeyer herausgegebenen synoptischen Karten von Europa
und dem Nordatlantischen Ozean gemeinsam in neuer Form herauszugeben. Nach
jahrelangen Verhandlungen hatten Neumayers Bemühungen den Erfolg, daß die
Karten im Jahre 1884 unter dem Titel „Tägliche synoptische Wetterkarten
für den Nordatlantischen Ozean und die anliegenden Teile der Kon-
tinente“ erscheinen konnten, Die Karten, die auf Grund der aus den metoro-
logischen Tagebüchern gewonnenen Beobachtungen über Luftdruck, «Wind, Luft-
und Wassertemperaturen auf See und auf Grund der entsprechenden Beob-
achtungen über Land hergestellt wurden, hatten den Zweck, über das bearbeitete
Gebiet eine Witterungsübersicht zu verschaffen, die dann wieder für die praktische
Navigation verwertet werden sollte.