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Full text: Zum hundertsten Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte Georg von Neumayer [Neumayer-Heft]

Paulus, A,: Neumayer als Förderer der Schiffahrt. 
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gelang ihm auch durch die Fürsprache einflußreicher Männer, wie von Liebig, 
von Lamont und Dr. von Steinheil, den damaligen König von Bayern, 
Maximilian IL, für seine Pläne zu gewinnen, der ihm dann auch die Mittel zur 
Verfügung stellte für den Bau und die Einrichtung eines derartigen Observatoriums, 
[m November 1856 schiffte sich Neumayer mit seiner umfangreichen Aus- 
rüstung auf „La Rochelle“ ein, um zum zweiten Male nach Australien zu segeln, 
Auch auf dieser Reise konnte Neumayer, nach dessen Anweisungen die Reise- 
route gewählt worden war, Maurys Lehren praktisch zur Anwendung bringen 
und erreichte dadurch auch diesmal, daß das Schiff trotz der ausnahmsweise süd- 
lichen Route, die gewählt worden war, um die Heard- oder Macdonald-Inselgruppe 
aufzusuchen, schon nach 81 Tagen in Australien ankerte. 
In Melbourne wurde Neumayer von allen wissenschaftlichen Kreisen in 
zuvorkommender Weise aufgenommen und in seinen Bestrebungen unterstützt. 
Bald entstand auch auf dem Flagstaffhügel der provisorische Bau eines Obser- 
vatoriums, dem in kurzer Zeit ein größeres, auf Kosten der Regierung von 
Victoria hergestelltes Dienstgebäude folgte. Das war der erste Erfolg, den 
Neumayer für seine unermüdliche Arbeit im Interesse der Schiffahrt erntete; 
ar ebnete ihm auch den Weg zur Verwirklichung seines weiter gesteckten Zieles, 
ein ähnliches Institut in größerem Rahmen in Deutschland zu errichten, 
Gleich nach Vollendung des Observatoriums auf dem Flagstaffhügel ließ 
Neumayer meteorologische und astronomische Beobachtungen in vollem Umfang 
aufnehmen. Anderseits war er auch bemüht, die Führer der Segelschiffe, von 
denen damals eine große Anzahl zwischen Australien und Europa und Amerika 
verkehrte, zu gewinnen, in eigens dazu gelieferten Wetterbüchern Beobachtungen 
auf See einzutragen, um auf Grund dieser Einsicht in die meteorologischen und 
hydrographischen Verhältnisse der Ozeane zu gewinnen. Als Gegenleistung 
arbeitete er für diese Schiffe Segelanweisungen für ihre Reisen aus und brachte 
damit die damaligen Kenntnisse über maritime Meteorologie und Hydrographie 
zur Förderung der Schiffahrt schon praktisch zur Geltung. 
Nachdem Neumayer sieben Jahre dieses Institut — fünf Jahre davon als 
staatlich angestellter Direktor — geleitet hatte, kehrte er im Jahre 1864 wieder 
nach Deutschland zurück, um nun, reich an Erfahrungen, seine ganze Kraft dem 
Vaterland zu weihen. 
Jetzt galt es für Neumayer, für den schon in Australien gefaßten Entschluß, 
zu versuchen, ein Institut für Hydrographie und maritime Meteorologie in 
Deutschland zu gründen, Anhänger zu gewinnen. Er hielt deshalb bald nach 
seiner Rückkehr Vorträge in Hamburg, in denen er lebhaft zum Ausdruck brachte, 
daß zur Entwicklung, Förderung und Sicherheit des Verkehrs über die Ozeane 
für die Handelsmarine, der doch in erster Linie der Weltverkehr zur See an- 
vertraut sei, ein Institut geschaffen werden müsse, das hydrographische und 
maritime meteorologische Forschung betreibe und die Ergebnisse davon nutz- 
bringend für die Schiffahrt verwerte. Eine weitere Gelegenheit, für die Errich- 
tung eines solchen Instituts einzutreten, bot sich Neumayer auf einer im Juli 
1865 in Frankfurt a. M. abgehaltenen Versammlung deutscher Geographen. Dort 
wies er, gestützt auf die reichen Erfahrungen anderer Nationen und auf seine 
eigenen Beobachtungen, nach, daß die Einrichtung einer solchen Zentralstelle 
unerläßlich sei, wenn man verhindern wolle, daß die Flotten fremder Staaten 
die deutsche überflügeln. Er sagte dabei wörtlich: „Von deutscher Seite geschah 
außerordentlich wenig für Hydrographie und nautisch-meteorologische Zwecke; 
wir besitzen keine nationale Originalliteratur über die betreffenden Gegenstände, 
während doch die deutschen theoretischen Arbeiten in den verwandten Fächern 
meistens die Grundlage bilden, Wie ist es möglich, daß nautische Bestrebungen, 
die so vielfach Anknüpfungs- und Stützpunkte in der Wissenschaft haben, ohne 
umfassendere wissenschaftliche Leitung zum ersprießlichen Gedeihen gefördert 
werden? So gewiß es ist, daß unseres Vaterlandes Stellung unter den Völkern 
Europas von seiner freiheitlichen und einheitlichen Entwicklung bedingt ist, so 
gewiß ist es auch, daß nur eine Hebung unserer maritimen Bedeutung ermöglicht, 
daß unser Volk seine kulturgeschichtliche Bestimmung erfülle.“
	        
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