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Full text: Zum hundertsten Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte Georg von Neumayer [Neumayer-Heft]

14 Zum 100, Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte, Georg von Neumayer, 
Bald aber, mit der Zunahme der meteorologischen Beobachtungswarten in den 
deutschen Kolonien und namentlich in Deutsch-Ostafrika ergab sich als ein schwerer 
Übelstand, daß die Ergebnisse der bisher in Deutschland ausgeführten Kontrolle 
der Beobachtungen nicht schnell genug den Beobachtern mitgeteilt werden konnten, 
Der unvermeidliche häufige Wechsel in den Beobachtern ließ diesen Nachteil be- 
sonders stark hervortreten, Seine australischen Erfahrungen wiesen Neumayer 
den Weg zur Abstellung dieses Übelstandes. Auf seine Anregung hin wurde im 
Einvernehmen mit A, von Danckelman, dem langjährigen und verdienstvollen 
wissenschaftlichen Referenten des Reichs-Kolonialamtes für Geographie, Meteoro- 
logie und Kartographie, als erster Regierungs-Meteorologe Dr. H. Maurer nach 
Deutsch-Ostafrika entsandt, Ihm verdanken wir unter anderem die ersten 
grundlegenden Beschreibungen des Klimas von Deutsch-Ostafrika, Mit kurzen 
Unterbrechungen ist diese Stellung bis in den Weltkrieg hinein dauernd besetzt 
gewesen; seit 1906 durch Dr, G, Castens, unter dessen Leitung das meteorologische 
Beobachtungsnetz von Deutsch-Ostafrika den Höhepunkt seiner Entwicklung mit 
zeitweise etwa 60 Stationen höherer Ordnung und etwa 400 Regenwarten erreicht 
hatte. So bewährt hatte sich der Neumayersche Gedanke, das meteorologische 
Netz jeder deutschen Kolonie ist durch einen in der Kolonie ansässigen Meteoro- 
logen zu leiten, daß dem Beispiel von Deutsch-Ostafrika bereits Kamerun gefolgt 
war, in beschränktem Maße durch Angliederung des meteorologischen Dienstes 
an eine andere koloniale Dienststelle das Kiautschou-Gebiet, Samoa, Togo und 
Deutsch-Südwestafrika. In Aussicht genommen war, allmählich für jede Kolonie 
die Stellung eines Regierungsmeteorologen zu schaffen; da bereitete der Welt- 
krieg und sein Ausgang diesen Plänen durch den Raub sämtlicher deutschen 
Kolonien ein Ende. Aber eins wird und kann nicht vergessen werden, Bewährt 
hat sich die Zusammenarbeit des Reichs-Kolonialamts mit der Seewarte 
auf Grund der Neumayerschen Vorschläge, das bezeugt das Schreiben dieses 
Ministeriums A, VII 2458/19/43771 an die Seewarte vom 3, November 1919: 
„Ich benutze die Gelegenheit zu versichern, daß ich mich in dieser für die Kolonialverwaltung 
überaus schmerzlichen Zeit mit besonderer Genugtuung des langjährigen, stets harmonischen Zusammen- 
Arbeitens meines wissenschaftlichen Referates mit der Deutschen Seewarte und seiner Erfolge, die von 
berufener Stelle gebührende Anerkennung gefunden haben, erinnere, Ich begrüße es dankbar, daß 
die Deutsche Seewarte die Traditionen der Kolonialyerwaltung in meteorologischer Hinsicht über- 
nehmen will, In Vertretung: gez. Meyer-Gerhard,“ 
Hervorragendes haben die Deutschen in der geographischen und insbesondere 
der klimatologischen Erforschung ihrer Schutzgebiete geleistet. Das bezeugt 
J. von Hann!): 
„Die Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten enthalten unter anderem eine reiche Samm- 
OR von wertvollen, mit Karten begleiteten Abhandlungen über die Fhysiographie von Afrika, sie 
bilden in dieser Beziehung ein Quellenwerk ersten Ranges, Beim Überblicken des Inhalts der jetzt 
vorliegenden 30 Bände wird man gewahr, welche großartige Kulturarbeit in den deutschen Kolonien 
in relativ sehr kurzer Zeit geleistet worden ist, Damit scheint es nun wenigstens für lange Zeit vorbei 
zu sein, ein von Kulturvölkern gewaltsam erzwungener Kulturrückschritt, Weder in den französischen 
noch in den englischen Kolonien ist ähnliches geleistet worden wie in den deutschen Schutzgebieten, 
Wenn wir nun von unserem engeren Fachstandpunkt aus die Fortschritte der Wissenschaft dort über- 
blicken, können wir z, B. bemerken, daß von Algerien noch von keinem einzigen Orte der tägliche 
Gang der Temperatur und des Luftdrucks vorliegt, desgleichen von Senegambien, selbst vom Kaplande 
besitzen wir darüber bloß die alten, aus den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stammenden 
Beobachtungen in der Kapstadt, die manches zu wünschen übrig lassen {von Kimberley als Privat- 
station abgesehen), Welcher Reichtum von stündlichen Aufzeichnungen der meteorologischen Elemente 
Kegt dagegen aus den deutschen Schutzgebieten vor.“ 
Bereits erscheinen wieder als sichtbarer Ausdruck von Deutschlands kolonialem 
Willen nach einer Unterbrechung von reichlich fünf Jahren die „Mitteilungen aus 
den Deutschen Schutzgebieten“ Seit einigen Jahren gehen wieder von Ausland- 
deutschen in Übersee angestellte meteorologische Beobachtungen bei der Seewarte 
ein. Einst — und wohl nicht in zu ferner Zukunft — werden Deutsche wieder 
in deutsche Kolonien hinausziehen. Dann aber ist auch der Tag nicht mehr fern, 
wo der alte Neumayersche Gedanke wieder zur Wirklichkeit wird, der vor 
40 Jahren in der Gründung der „Deutschen Überseeischen Meteorologischen Be- 
obachtungen“ zur Tat wurde. 
5 S. von Hann: „Zum Klima von Angola“ in Meteorologische Zeitschrift 1919. 8. 163.
	        
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