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Full text: Zum hundertsten Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte Georg von Neumayer [Neumayer-Heft]

Heidke, P.: Neumayer als Deutscher und Gelehrter. 
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Diese Worte sind kennzeichnend für die Stellung Neumayers zur Pflege der 
Wissenschaft durch die Seewarte. Bis zu seinem Abgang hat Neumayer den 
wissenschaftlichen Arbeiten Köppens stets das regste Interesse entgegengebracht. 
Es bekundete sich namentlich bei der Unterstützung, die er Köppen bei der 
Errichtung der Drachenstation der Seewarte gewährte, für welche die Vor- 
arbeiten bis 1898 zurückreichen. Bei der Entwicklung, welche die Luftfahrt seit- 
dem genommen hat, erübrigt sich ein Hinweis darauf, welche außerordentliche 
Bedeutung der so frühzeitigen Aufnahme dieser Aufstiege durch die Seewarte 
zukommt, In gleichem Sinne hatte sich bereits 17 Jahre vorher in Australien 
Neumayer bezüglich arktischer und antarktischer Expeditionen geäußert: 
„Wenn wir bedenken, daß ein astronomisches Ereignis wie im Jahre 1874 und 1882 der Durch- 
gang der Venus 'alle zivilisierten Nationen zur Tätigkeit aufrufen wird, daß aber zur gründlichen 
eu 1 jener so seltenen Gelegenheit Vorarbeiten zur Bestimmung passender Beobachtungspunkte 
anerläßlich sein werden, und daß in den antarktischen Regionen sich ein vorzügliches Feld dazu bietet, 
so glaube ich bei Ihnen kaum einen Zweifel übrig zu lassen, daß Südpolar-Expeditionen in den nächster 
Dezennien die erste Stelle einnehmen werden unter den Mitteln zur Erweiterung unseres Wissens, 
Um des Verdienstes willen, das solchen Expeditionen innewohnt, wünschte ich deutschen Unter- 
suchungsgeist dahin gerichtet, Mehr denn zehn Jahre strebe ich in diesem Sinne, vor allem den 
nationalen Standpunkt im Auge haltend. Was aber in aller Welt, höre ich mit selbstgefälligem Be- 
hagen den erfahrenen Geldmann ausrufen, haben wir am Südpol zu tun?! Überlassen wir das Zu- 
zammentragen des Materials zur theoretischen Forschung jenen seefahrenden Nationen, die einmal 
and; wir wollen dasselbe schon verwerten, sagt der Doktrinär, — ich aber antworte beiden: England 
srkannte schon seit Jahrhunderten die Wertlosigkeit der nordwestlichen Durchfahrt für die praktische 
Schiffahrt, dennoch unterstützte die englische Regierung Expeditionen nach den arktischen Gewässern 
und gab Sir Felix Booth 15000 Pfd. Sterl. zu gleichen Zwecken, Man fühlte eben, um Großes zur 
See, © überhaupt zu erringen, müsse man Großes einsetzen, daß, wer zum Erfolge berechtigte Aus- 
sichten haben wolle, einen höheren Standpunkt einnehmen müsse als den, welchen die unmittelbaren 
Zinsen eröffnen. Nur 80 erklären sich die großen Opfer und die großen Frrungsnschaiten der Eng- 
länder und Amerikaner in allen Meeren der Erde. So gewiß es ist, daß unseres Vaterlandes Stellung 
anter den Völkern Europas von seiner freiheitlichen und einheitlichen Entwicklung bedingt ist, 
50 gewiß ist es auch, daß nur eine Hebung unserer maritimen Bedeutung ermöglicht, daß unser 
Volk seine kulturgeschichtliche Bestimmung erfülle.“ 
Mit diesen Worten schloß Neumayer den letzten und sechsten seiner am 
27. August 1862 auf Veranlassung der deutschen Vereine in Victoria gehaltenen 
Vorträge. 
Bezeichnend für die außerordentliche Voraussicht Neumayers, deren Be- 
deutung sich zuweilen erst nach Jahrzehnten erwies, ist die Pflege der über- 
seeischen und kolonialen Meteorologie durch die Seewarte. Die deutschen 
meteorologischen Beobachtungen des bereits erwähnten Polarjahres waren 1886 
erschienen !). Weitere meteorologische Beobachtungen lagen auf der Seewarte vor 
als Fortsetzung der Labrador-Beobachtungen; ferner solche von Hatzfeldhafen 
in der jungen deutschen Kolonie Deutsch-Neu-Guinea und schließlich solche 
des deutschen Missionars Böhm aus Walfischbai. Energisch griff in diesem, 
dem geeignetsten Augenblick, Neumayer ein. In den „Deutschen Überseeischen 
Meteorologischen Beobachtungen“, deren erstes Heft bereits 1887 erschien, 
schuf er die Zeitschrift, in welcher, wie in den seit 1891 erscheinenden „Mit- 
teilungen aus den deutschen Schutzgebieten“ bisher hauptsächlich laufend die 
deutschen meteorologischen Beobachtungsergebnisse von Übersee und aus den 
deutschen Kolonien veröffentlicht sind, Als Aufgabe und Ziel jener Zeitschrift 
stellte er hin: 
„Jedem Fachmeteorologen ist bekannt, daß die allergrößte Schwierigkeit bei der Verwertung von 
Beobachtungsmaterial darin gefunden wird, daß vielfach Einheitlichkeit der Methoden der Beobachtung, 
der Reduktion und der Veröffentlichung mangelt; die Direktion glaubt durch die hier vorliegende 
Publikation ?), sofern dies in ihren Kräften liegt, einer Zersplitterung deutschen überseeischen Materials 
vorgebeugt zu haben. Sie hegt den Wunsch, daß von dieser Gelegenheit für die wünschenswerte, um 
nicht zu sagen notwendige Einheitlichkeit nach den verschiedenen bezeichneten Richtungen ein recht 
: Gebrauch gemacht werde. Da nunmehr, dank dem einigen Vorgehen der internationalen meteo- 
ologischen Kongresse und Konferenzen, die verschiedenen meteorologischen Systeme der Erde im 
allgemeinen nach den gleichen Normen geleitet werden, so ist es, will man nicht große Beobachtungs- 
reihen in ihrem Werte bedeutend herabmindern oder sogar nutzlos machen, durchaus wünschenswert, daß 
man für den Fall der Errichtung von Beobachtungsstellen sich an die bestehenden Landeszentralstellen 
— in unserem Falle für maritime und überseeische Beobachtungen an die Deutsche Scewarte — anlehnt,“ 
') Die Internationale Polarforschung 1882—.1883. Berlin 1856, A, Ascher & Co. 414 1404 
3 „Deutsche Überseeische Meteorologische Boobachtungen“, Heft I, Vorwort, letzter Absatz.
	        
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