12 Zum 100. Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte, Georg von Neumayer,
von Neumayers, wie in den Nachrufen von CC, Stechert’), W. Köppen?), L. Frie-
derichsen?) und G. Wislicenus*), Die Jahresberichte der Deutschen Seewarte
zeigen am eingehendsten, was Neumayer für dieses Institut geleistet hat, Seine
vielseitigen Kenntnisse, sein treffendes Urteil, seine seltenen organi-
gatorischen Fähigkeiten, seine auf tiefer Menschenkenntnis gegründete
Gewandtheit im Verkehr und seine persönliche Liebenswürdigkeit im
Umgang mit Menschen, seine Zähigkeit in der Verfolgung der einmal
als richtig erkannten Ziele und nicht zuletzt seine überzeugende und
mitreißende Beredsamkeit ermöglichten es Neumayer, auf all den
vielen der Seewarte zugewiesenen Arbeitsgebieten bahnbrechend und
fördernd zu wirken.
Was Neumayer auf dem Gebiet der Instrumentenkunde und der Verbesse-
rung namentlich der deren dringend bedürftigen nautischen Instrumente geleistet
hat, zeigt die kurze nachstehende Zusammenstellung: Anweisung zur Verbesse-
rung der Kompasse, Förderung der deutschen Chronometer-Industrie durch
Schaffung des der Seewarte unterstellten Chronometer-Instituts mit seinen jähr-
lichen Chronometerprüfungen und der Gewährung von Prämien für die besten
der geprüften Chronometer, Konstruktion eines Marine-Deklinatoriums, eines
Deviations-Magnetometers, eines Deviations-Modells, eines Stativs für die Prüfung
von Reflexionsinstrumenten und eines Meteorographen., In hervorragender
Weise hat Neumayer auch an der Gründung und dem Ausbau der Phy-
Sikalisch-Technischen Reichsanstalt teilgenommen, deren Kuratorium er
19 Jahre lang, bis 1905, als Mitglied angehört hat,
Besonders zurückgeblieben war Deutschland in den siebziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts auf dem Gebiete der Meteorologie. Ablehnend verhielt sich der
alternde Dove gegenüber der Einführung der synoptischen Meteorologie.
Unterstützung fand Neumayer bei seinen Bestrebungen zu deren Einführung
nur an den kleinen meteorologischen Anstalten von Sachsen, Württemberg
und Baden. Stand er auch ursprünglich auf dem Boden Doves, so war er doch
von der unbedingten Notwendigkeit der Einführung der synoptischen Meteorologie
überzeugt. Bereits am 1. Mai 1875 konnte er die Leitung der Wetterdienst-Ab-
teilung einem jungen ausländischen Gelehrten übertragen, dem jetzigen berühmten
Altmeister der Meteorologie Professor Dr. W, Köppen, Doch nicht nur unmittelbar
in Erscheinung tretende Erfolge zu erreichen, war das Ziel Neumayers. Stets
war er sich bewußt, daß auf die Dauer praktische Erfolge auf den der
Seewarte zugewiesenen Gebieten nur auf Grund wissenschaftlicher For-
schung möglich seien.
„Gleich nach dem ersten Jahr der Tätigkeit der Deutschen Seewarte erschien & der Direktion
Für das gedeihliche Wirken des Instituts und die Förderung der wissenschaftlichen Arbeiten innerhalb
desselben von besonderer Wichtigkeit, daß für die Pflege der Meteorologie eine Stelle geschaffen werde,
zu deren Obliegenheiten in erster Linie theoretische Studien auf dem Gebiete jener Wissenschaft
gehören, In dem Drange der Pflichterfüllungen in Verbindung mit Abteilung I und III erschien es
unmöglich, daß den betreffenden Abteilungsvorstehern zu solchen Studien die nötige Muße gelassen
werden könnte. Den Bemühungen der Direktion nach dieser Richtung gelang es endlich, eine Stelle
der bezeichneten Art in dem Etat pro 1879—1880 zu erhalten. Am 1, April konnte dementsprechend
Herr Dr. W. Köppen, bisher Vorsteher der Abteilung III, in diese Stelle eintreten, wodurch die
bezeichnet Vorsteherstelle erledigt wurde. Herr Dr. J, van Bebber, welcher bereits vom März bis
Oktober 1877 interimistisch für den damals beurlaubten Dr. W. Köppen als Abteilungsvorsteher
ewirkt und zur Zeit die Stellung eines Rektors der Realschule in Weißenbur a. S. eingenommen
hatte, wurde nunmehr durch Ministerialverfügung definitir zum Vorsteher der Abteilung JIL ernannt,
welche Stelle er am 1. Aprıl 1879 übernahm“ 5.
U Stechert, „Georg von Neumayer“ im Vierteljahrsbericht der astronomischen Gesellschaft 1910,
8. 10 bie 42, und „Georg von Neumayer‘“ in Deutsche Mechaniker-Zeitung 1909, 8, 113 bis 115 und
{23 bis 127. — *) W. Köppen, „Nachruf für Georg von Neumayer“ in Meteorologische Zeitschrift
1909, 8. 403 bis 407, und „Georg von Neumayer $, Nachruf“ in Naturwissenschaftliche Rundschau
1909, S. 425 bis 427, ze L, Friederichsen, „Georg von Neumayer“ in Mitteilungen der ar
phischen Gesellschaft in DO 8, 285 bias 297. — *) Georg Wislicenus, „Georg v,. Neu-
mayers Wirken für die deutsche ine“ in Marine-Rundschau 1909, 8. 840 bis 844,
Diese Veröffentlichungen, wie persönliche Erinnerungen wurden hauptsächlich ala Quellen für
die vorliegenden benutzt,
5 „Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte“ 1879, Nr. 3, 5.8