10 Zum 100. Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte, Georg von Neumayer.
Jaß auch in Deutschland nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten von Nord-
amerika, von England und Holland ein Institut gegründet werden müsse zur
Pflege der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Im Verlauf der lebhaften
Besprechung trat besonders der Obmann des Freien Deutschen Hochstifts Dr, Otto
Volger warm für diesen Plan ein und prägte für das vorgeschlagene Institut
den treffenden Namen „Deutsche Seewarte“. Angeregt durch diesen Vortrag
und der Bedeutung des Planes für die deutsche Schiffahrt sich bewußt, unter-
nahm es der energische Leiter der Navigationsschule in Elsfleth W, von Freeden
mit laufender pekuniärer Unterstützung durch Hamburg, in dieser Stadt die
„Norddeutsche Seewarte“ zu begründen. Von der ursprünglich vorgesehenen
Absicht, von vornherein eine zweite Abteilung zur Pflege der Meteorologie ein-
zurichten, mußte aus Geldmangel abgesehen werden, Sehr bald aber gelang es
W. von Freeden, tüchtige Kapitäne zur Mitarbeit durch Führung von Wetter-
büchern zu gewinnen und auf Grund derselben verbesserte Segelanweisungen
für den Nordatlantischen Ozean auszuarbeiten. Im Jahre 1871 erhielt das In-
stitut den Namen „Deutsche Seewarte“ Neumayer und W, von Freeden
unterbreiteten gemeinsam dem Reichskanzleramt einen Plan zur weiteren Aus-
gestaltung der Deutschen Seewarte und beantragten deren Übernahme auf das
Deutsche Reich,
Durch den Vortrag, den er im Februar 1872 über den Magnetismus eiserner
Schiffe in der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin hielt, trat Neumayer in Be-
ziehungen zum Admiral von Stosch., Am 1. Juli 1872 auf dessen Veranlassung
zum „Hydrographen in der Admiralität“ ernannt, hatte Neumayer in her-
vorragender Stellung an deren wissenschaftlichen Aufgaben mitzuarbeiten und
neue anzuregen, In den reichlich 3!/, Jahren seiner Zugehörigkeit zur Admi-
ralität entfaltete Neumayer eine beispiellos vielseitige und rastlose Tätigkeit,
Davon zeugen noch heute 40 Aktenbände des späteren Nautischen Departements,
Erwähnt seien nur die 1872 entworfene ausführliche Anweisung zur Bestimmung der Migweisung
bei der Ostseevermessung; — die Prüfung der hierzu erforderlichen magnetischen Instrumente; —
Bestimmung der Säkularänderung der magnetischen Mißweisung unter Berücksichtigung dieser Be-
SPAR und der von Lamont 1858 angestellten; — Anweisung zur Anstellung hydrographischer
Untersuchungen auf der „Pommerania“-Fahrt; — Bestimmung der magnetischen Figenschaften ‚der
Panzerfregatte „Friedrich Carl“ mit seinem eigenen bereits in Australien benutzten Reisetheodoliten
und dem Foxschen Inklinatorium; — zusammen mit Börgen Vornahme sehr gründlicher magnetischer
Bestimmungen zwecks Auswahl des geeignetsten Platzes für das Marine-Obserratorium zu Wilhelms-
haven; — Vorbereitung für die Errichtung des Chronometer-Observatoriums in Kiel; — Entwurf einer
{10 volle Folioseiten umfassenden wissenschaftlichen Anweisung vom 26, Januar 1878 für das nach
Westindien bestimmte Geschwader Flaggschiff 8. M. 8. Friedel Carl“, Kommandant Kapitän z, 8,
Werner, zum Gebrauch des Neumayerschen Deriationsmagnetometers, zur Bestimmung von Kometen-
örtern und Meteorschwärmen, Beobachtung von Meerleuchten, Wellenhöhen, Sargasso, Behandlung
von Flaschenposten usw.; Entwurf erdmagnetischer Karten für die nordwestdeutgche Küste unter
eigener Bestimmung der magnetischen Elemente an zahlreichen Orten; — Anweisung für die Nord-
seevermessung besonders bezüglich Lotungsarbeiten,
Zur Ortsbestimmung empfahl Neumayer bereits damals die Sumner-
Methode, befürwortete die Benutzung der Prismenkreise von Pistor und Martins,
prüfte die Instrumente und die Vermessungsergebnisse, Eingehend befaßte er
sich 1874 und 1875 mit dem Vermessungswesen, Ausdrücklich betonend: „für
die Vermessungen ist von der größten Bedeutung und die erste Bedingung zum
Erfolg die Verirautheit mit der Theorie der Instrumente“, sorgte er dafür, daß
die zur Vermessung kommandierten Seeoffiziere während der Dauer der Vorträge
an der Marine-Akademie gründlich im Gebrauch der geodätischen Instrumente
unterwiesen wurden. Besonders eifrig nahm Neumayer an den Vorbereitungen
für die auf seine Anregung hin zustandegekommene „(Gazelle“.Expedition teil,
1874 bis 1876, Kommandant Kapitän z.S. Freiherr von Schleinitz. Trotz
der beschränkten Mittel hat diese Expedition wegen der sorgfältigen Vor-
bereitungen besonders auch in der Auswahl der Seeoffiziere Hervorragendes
geleistet,
Verhandlungen mit W, von Freeden wegen der Umgestaltung der Deutschen
Seewarte in ein Reichsinstitut führten im Januar 1875 dazu, daß W. von Freeden
von deren Leitung zurücktrat und das von ihm gesammelte Material gegen eine
Abfindungssumme der Admiralität überließ. Neumayer war inzwischen zweifel-