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Full text: Zum hundertsten Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte Georg von Neumayer [Neumayer-Heft]

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Zum 100. Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte, Georg von Neumayer. 
Heimat ermöglicht. In zahlreichen Familien lebt noch heute die dankbare Er- 
innerung an die Wohltaten, welche vor Jahren Neumayer der älteren Generation 
erwiesen hat. 
Alljährlich pflegte Neumayer während der Wintermonate eine Reihe allgemein- 
verständlicher wissenschaftlicher Vorträge im „Deutschen Verein“ zu Melbourne 
zu halten. Lebhaft interessierte ihn das Schicksal der Leichhardt-Expedition. 
Im April 1848 war der deutsche Forschungsreisende Dr. Ludwig Leichhardt 
von der Ostküste Australiens aufgebrochen, um den Kontinent nach Westen zu 
durchqueren. Seitdem ist keine Nachricht über ihn in die Kulturwelt zurück- 
gelangt. Noch Jahrzehnte später hat Neumayer sein Bedauern darüber ausge- 
sprochen, daß man nicht seine Ende der fünfziger Jahre gemachten Vorschläge 
genauer befolgt und die zur Auffindung Leichhardts ausgesandten Expeditionen 
mit zu vielen Nebenaufgaben belastet hat. Mit großer Mühe hat Neumayer später 
die Briefe des unglücklichen Dr. Leichhardt gesammelt und unter Beifügung 
einer Lebensbeschreibung herausgegeben. Mit warmen Worten hat er hierbei 
der Verdienste des deutschen Forschers gedacht. 
Mit der ihm eigenen Energie widmete sich bereits damals Neumayer der 
weiteren Aufgabe, für die Erforschung der Antarktis einzutreten. Nicht 
das mehr sportliche Ziel der Erreichung des Südpols schwebte ihm hierbei vor. 
Sein Ziel war die gründliche Erforschung der antarktischen Gegenden in geo- 
graphischer und physikalischer Hinsicht, die Bereicherung unseres Wissens auf 
den Gebieten des Erdmagnetismus, der Klimatologie wie der Pflanzen- und Tier- 
geographie. Als begeisterter Deutscher wünschte er, daß von Deutschen diese Unter- 
nehmung durchgeführt werde. Am 30. August 1861 beendete er einen stark besuchten 
Vortrag im „Deutschen Verein“ zu Melbourne mit den eindrucksvollen Worten: 
„Sollte nicht das Vaterland die Kraft haben, sich zu einem großen, die ganze zivilisierte Welt 
anregenden Unternehmen aufschwingen zu können? Reisen um die Welt vermögen in unseren Tagen 
das nicht zu bewirken, was wir anstreben, wenn sie nicht in ihren Reiseplan das Berühren gänzlich 
unbekannter Gegenden einschließen. Doch solche sind nur noch wenig übrig, und die antarktischen 
Regionen gehören zu diesen, Es soll ein Glanzpunkt meiner nächsten Lebensperiode sein, mit einem 
deutschen Schiffe dieselben zu besuchen, und vielleicht sehen Sie mich einst wiederkehren zu diesen 
Ufern, mit der Auswahl deutscher Jugend aller Stämme auf einer Reise nach dem Südpol begriffen. 
Sollte dieser Aufschwung der Nation gelingen — die weitere Entwicklung wird sich fügen, und unsere 
Hoffnungen werden zur Wahrheit werden!“ 
Unermüdlich ist Neumayer Jahrzehnte hindurch mit seltener Überzeugungs- 
treue für die Erforschung der Antarktis eingetreten. Wird auch die zeitliche 
Schilderung seines Lebensganges hierdurch unterbrochen, so möge doch des Zu- 
sammenhanges wegen zunächst seine Tätigkeit für die Fortführung dieser Auf- 
gabe dargestellt werden. War Neumayer doch auf Grund seiner zahlreichen 
Expeditionen, seiner vielseitigen Kenntnisse und seiner praktischen Erfahrungen 
besonders geeignet, Ratschläge für die Durchführung derartiger Unternehmungen 
zu erteilen. Bereits kurze Zeit nach seiner Rückkehr versuchte er auf einem 
Geographentag in Frankfurt a. M. (24. Juli 1865) in seinem Vaterland das Inter- 
esse für südpolare Forschungen zu wecken; zunächst allerdings mit wenig Erfolg, 
da A. Petermann die Versammlung für eine Nordpolar-Expedition gewonnen 
hatte. Günstiger ließ sich zunächst der Erfolg von Neumayers Vortrag über 
antarktische Fragen, insbesondere über die Beobachtung der Venus-Vorübergänge 
vor der Sonne von 1874 und 1882 auf der Naturforscher-Versammlung zu Inns- 
bruck an. (Bericht aus der Sektionssitzung für Mathematik und Astronomie 
vom 22. September 1869.) Bereits war Neumayer auf Grund eines weiteren am 
14. März 1870 vor der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien ge- 
haltenen Vortrages von dem Vizeadmiral Wilhelm von Tegetthoff, dem be- 
rühmten und einflußreichen österreichischen Seehelden und Sieger in der See: 
schlacht von Lissa, unter dem 11. Juni 1870 die Leitung einer wissenschaftlichen 
Expedition nach der Antarktis zugesagt. Die Vorbereitungen waren im besten 
Gange. Da brachte der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 eine Unter- 
brechung in der Durchführung dieses Planes, Der am 7. April 1871 erfolgte 
Tod seines hauptsächlichsten Förderers von Tegetthoff brachte alsdann den ganzen 
Plan zum Scheitern.
	        
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