Insgesamt ergibt die Reise eine positive Bilanz der Überwachung der Umweltsituation in der
Nordsee. Die erste Datenanalyse bestätigt die ungewöhnlich warmen
Temperaturverhältnisse in der Nordsee, die derzeit die längste und intensivste Warmphase
der letzten 130 Jahre erlebt. So liegen die Temperaturen derzeit mit 2 bis 4 °C über den für
diese Jahreszeit normalen Durchschnittswerten und dies nicht nur an der Oberfläche,
sondern auch in den Tiefen der Nordsee.
Sogar im Bereich der Norwegischen Rinne, wo sonst eher Temperaturen von 15 °C
herrschten, wurden gebietsweise über 20 °C gemessen. Milde Wintertemperaturen und das
anhaltend gute Wetter mit starker Sonneneinstrahlung sind Ursache dieser anomalen
Temperaturen, mit denen sich ein mehrjähriger Trend fortsetzt. Bei Fortdauer oder Zunahme
dieser Warmphase müsse langfristig mit Verschiebungen im Artenspektrum gerechnet
werden, denn Wärme liebende Tiere (Fische, marine Säuger) würden zunehmend in die
Nordsee einwandern, andere dagegen die Nordsee meiden.
Alles in allem zeigte die Nordsee überwiegend noch gute Sauerstoffbedingungen. Allerdings
wurden zuletzt in einigen Problembereichen auch niedrige bis kritische Sauerstoffwerte
gemessen, so südöstlich der Doggerbank, wo die Sauerstoffsättigung etwa 60% betrug und
bei der neuen, erst vor einer Woche verankerten MARNET-Messstation „NSB Ill“, wo die
Sauerstoffsättigung nur bei 46 % lag. Unterhalb von 40 % Sauerstoffsättigung bekommen
Fische und andere Meeresbewohner aufgrund des Sauerstoffmangels akute Probleme.
Chlorophyll (Plankton) wurde in diesem Jahr deutlich weniger beobachtet. Es wurde
überwiegend in mittleren Tiefen gefunden, wo noch ausreichend Nährstoffe und genug Licht
für das Pflanzenwachstum vorhanden ist. Die häufig anzutreffenden Planktonteppiche, die
als Zeichen einer Überdüngung gelten, sind nirgendwo beobachtet worden. Auffällig sei
dagegen das tiefblaue Wasser in vielen Gebieten der Nordsee gewesen, deren
Oberflächenschicht mit Sichttiefen von 10 bis 18 m ungewöhnlich klar war.
Zur Bestimmung der organischen Schadstoffe (z.B. PCB, Lin-dan, Erdölkohlenwasserstoffe),
der Nährsalze und des gelösten Sauerstoffs wurden während der Forschungsfahrt auf
insgesamt 53 Positionen zwischen Elbmündung und Shetland-Inseln mehrere hundert
Proben genommen, die nun in den Laboren in Hamburg analysiert werden. Die Daten zu
Temperatur und Salzgehalt, Trübung und Chlorophylligehalt wurden während der 5000 km-
Reise mit einem tauchenden, geschleppten Messgerät - dem Delphin - gemessen. An den
Untersuchungen war neben den BSH-Experten auch ein Team der Universität Hamburg
beteiligt.
Hamburg, September 2003