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Bei der Besegelung der Küste sind zwei Strömungen, die Küstenströmung und der
sogenannte Ilaffstrom sehr zu berücksichtigen, deren Richtung und Stärke von dem herr
schenden Winde abhängig ist.
a) bei SSW- und SW-Stürmen.
Bei Stürmen aus SSW bis SW macht sich bereits östlich von Heia eine Strömung
nach NO bemerkbar, welche sowohl stärker als auch nördlicher in der Richtung wird, je
mehr man sich der frischen Nehrung nähert. Im Pillauer Seegat vereinigt sie sich mit dem
Ilaffstrom, welcher bei solcher Windrichtung auslaufend ist und beide zusammen können
eine Stärke von 4—5 Knoten erreichen.
Unter solchen Verhältnissen ist im Seegat, über welches der Strom quer nach NOzN
hinwegsetzt, ein ungeheurer Seegang und die Strandung wird unvermeidlich sein, wollte
man dennoch die Einsegelung versuchen; der Kurs, bedingt durch die Richtung des Fahr
wassers, ist SO7*0 texcl. Abtrifft:).
Schiffe von 12 und mehr Fuss Tiefgang sollten bei solchen Stürmen zwischen Rix-
höft und Heia sich auf halten, und erst dann nach Pillau steuern, wenn der Sturm nach
gelassen oder mindestens einige Striche westlicher geworden ist; im Seegat wird er ohne
hin etwas südlicher.
b) bei WSW- bis WNW-Stürmen.
Auch bei diesen Stürmen sollten die Schiffe von 15 und mehr Fuss Tiefgang bei
Heia besseres Wetter abwarten. Die Einsegelung mit solchen tiefgehenden Schiffen ist, des
hohen Seegangs wegen, sowie dadurch, dass die schmale Rinne des Fahrwassers nahe der
nördlichen Mole entlang geht, äusserst gefährlich.
Gleichviel ob der Haffstrom ein- oder auslaufend ist, die Küstenströmung setzt auch
bei den WSW- bis WNW - Stürmen nach Norden quer über das Seegat. Dies muss bei
der Ansegelung berücksichtigt werden, und selbst Schiffe von geringerm Tiefgange haben
darauf zu achten, dass sie die Richtung des Seegats nicht verfehlen, weil sie sonst durch
die Brandung steuern müssten.
c) bei NW- bis NNO-Stürmen.
Bei Stürmen aus NW bis NNO steht im Seegat, trotzdem letztere schon etwas
überlandig sind, die schwerste Brandung und die Küstenströmung setzt mit einer Stärke
von 4—5 Knoten Fahrt quer über das Seegat nach SW.
Es wird den Lootsen schwer bei solchen nördlichen Stürmen nach See zu kommen,
und Schiffe von 15 und mehr Fuss Tiefgang sollten bereits auf 60 Seemeilen Entfernung
von Pillau beidrehen und erst abhalten, wenn die Heftigkeit des Sturmes vorüber ist
d) Haffstrom.
Die Richtung des Haffstroms der Andrang des Seewassers in das Haff und um
gekehrt der Abfluss der Wassermassen des letzteren in die Ostsee ist fast immer von
der Stärke des Windes abhängig, manchmal auch, besonders im Frühjahre, von den in das
Haff mündenden Flüssen, welche eine fortwährend auslaufende Strömung bewirken. Sonst
läuft der Ilaffstrom bei nördlichen Winden ein und bei südlichen, zuweilen mit einer Stärke
von 5—6 Knoten aus.
Wenn in dem nördlichen Theile der Ostsee und in dem Russischen Meerbusen nörd
liche oder östliche Winde herrschen, wird ein Anstauen des Wassers an den südlichen
Küsten der Ostsee verursacht; alsdann kann auch bei südlichen Winden der Ilaffstrom
einlaufend sein.