Digitalisierung in der Schifffahrt 25
Künstliche Intelligenz (KI) für
mehr Sicherheit in der Schifffahrt
Zewertet nach gefahrenen Transportkilo-
netern ist die Schifffahrt das sicherste
Transportmittel. Von den rund 2700
Schiffsunfällen weltweit im Jahr sind zwi-
schen 75 und 95 Prozent auf menschli-
söhes Versagen zurückzuführen.
Die Schifffahrt verlässt sich nach wie vor
stark auf die menschliche Erfahrung. Die
für eine Nautikerin und einen Nautiker
scheinbar einfache Aufgabe der Situa-
tionswahrnehmung und Entscheidungs-
indung geht einher mit Jahrelangem
Training und Erfahrung. Die Automatisie-
‘ung von Schiffen kann helfen, mensch-
‚iches Fehlverhalten zu reduzieren und so
das Unfallrisiko zu senken. Da die Auto-
mnatisierung der komplexen Aufgaben in
der Schiffsführung mit klassischer Soft-
wareentwicklung und Programmierung
<aum vorstellbar ist, unterstützen Verfah-
‚en aus dem Bereich der Kl, insbeson-
dere das maschinelle Lernen (Machine
_earning - ML) und das Tiefgehende
_ernen (Deep Learning - DL) die Ent-
wicklung von Assistenzsystemen.
Maschinelles Lernen: Mithilfe des
maschinellen Lernens werden IT-Sys-
(eme In die Lage versetzt, auf Basis
vorhandener Datenbestände und Algo-
rithmen Muster und Gesetzmäßigkeiten
zu erkennen und Lösungen zu entwi-
ckeln. Es wird quasi künstliches Wissen
aus Erfahrungen generiert.
Tiefgehendes Lernen: Tiefgehendes
_ernen ist ein Bereich des Maschinellen
„ernens. Es nutzt neuronale Netze, um
große Datensätze zu analysieren. Neu-
ronale Netze nehmen auf Basis vorhan-
dener Datenbestände und Algorithmen
Informationen wahr, denken darüber
ı1ach und ziehen daraus Schlussfolge-
rungen, die sie In eine Handlung über-
tragen.
Daher untersucht das BSH im Rahmen
des BMDV-Expertennetzwerks zusammen
mit Projektpartnern unterschiedliche
Fragestellungen zum Thema Kl. Dazu
gehört die Entwicklung einer Szenario-
Datenbank für das Testen maritimer Kolli-
sionsverhütungssysteme. Relevante
Szenarien werden aus AlS-Daten gene-
riert. Diese Daten werden mit Seekarter
Jnd Wetterdaten verknüpft. Mittels offener
Schnittstellen kann der Datensatz sukzes-
sive um weitere Parameter erweitert wer-
den. Zudem werden in einer Machbar-
xeitsstudie maritime Anwendungsfälle
bewertet, in denen Machine Learning und
Deep Learning zum Einsatz kommen. Aus
den Ergebnissen leiten Wissenschaftlerin
nen und Wissenschaftler alternative und
ergänzende Prüfverfahren ab. Das stellt
sine weitere Stufe in der Entwicklung
sicherer, marktfähiger autonomer mariti-
mer Systeme dar.
Gemeinsam mit Partnern aus Wissen-
schaft und Wirtschaft hat das BSH für
Entwicklungen in der autonomen Schiff-
fahrt eine Forschungs- und Technolo-
gieentwicklungsplattform im Projekt
ACTRESS (Architecture and Technology
Development Platform for Real-time Safe
and Secure Systems) entwickelt, auf der
maritime Systeme zielgerichtet, verläss-
lich, sicher und effizient entwickelt werden
können. Sie ermöglicht die Verifizierung
und Validierung hochkomplexer, vernetz-
‘er, automatisierter maritimer Systeme
Jnter realitätsnahen Bedingungen. Das
BSH stellt mit dem zertifizierten System-
labor für Navigations- und Kommunika-
jonssysteme eine Prüfumgebung sowie
aine Test- und Entwicklungsplattform für
die Echtzeiterprobungen von immer kom-
plexer werdenden Systemen an Bord,
für kooperative autonome Systeme zur
Lagebilderzeugung und für integrierte
Brückensysteme mit Schiff-Schiff-Land-
Kommunikation zur Verfügung.