anerkannten internationalen Regeln und Normen entsprechen und diesen Wirksamkeit
verleihen. Wenn auch eine Lotsenannahmepflicht der Verhütung von Meeresverschmutzungen
dient, so scheitert ein ausschließlich nationaler Regelungsversuch daran, dass bisher keine
entsprechende allgemein anerkannte internationale Vorschrift besteht. Zwar können
zumindest im Konsens von der IMO verabschiedete Beschlüsse zu einer allgemein anerkannten
internationalen Norm erstarken, auch für die Entschließungen der IMO zur Annahme von
Lotsen, da sie ausdrücklich nur als Empfehlung ausgestaltet sind und die Staatenpraxis zeigt,
dass sie gerade nicht als verbindlich betrachtet werden.26 Aus demselben Grund könnten auch
bei einer Ausdehnung eines nationalen Seelotsreviers auf die Kadetrinne keine Verpflichtungen
für Schiffe unter ausländischer Flagge begründet werden.
b) Schifffahrtspolizeiliche Regelung
6Überlegungen, eine Lotsenannahmepflicht durch Rechtsverordnung nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr.
2 SeeAufgG zu schaffen, führen zu demselben Ergebnis. Zwar ermächtigt diese Vorschrift,
durch Rechtsverordnung auch das Verhalten auf Wasserflächen seewärts der Grenze des
deutschen Küstenmeeres zu regeln. Sofern das SeeLG nicht als vorrangige lex specialis zu
werten ist, könnten die Verhaltenspflichten auch die Annahme eines Seelotsen umfassen.
Allerdings steht einer solchen Regelung jedoch entgegen, dass sie nach Maßgabe des § 1 Nr.
3 SeeAufgG nur zulässig ist, wenn das Völkerrecht dies zulässt oder erfordert. Diese
Voraussetzung ist wegen der Einschränkungen des Art. 211 Abs. 5 SRÜ nicht gegeben.
Insbesondere kann das Maßnahmen-Übk.27 nicht als völkerrechtliche Grundlage herangezogen
werden. Es befugt den Küstenstaat zwar auch in der AWZ zu Maßnahmen zur Verhütung von
Verschmutzungen infolge eines Schiffsunfalls, dabei muss es sich aber um eine unmittelbare
Gefahr handeln, so dass eine nur abstrakte Gefahr nicht ausreicht.
c) Anlaufbedingungen
7Auch der mit der AnlBV28 verfolgte Ansatz hilft nicht weiter. In Umsetzung einschlägiger EU-
Richtlinien29 begründet die Verordnung für Schiffe, die sich seewärts des Küstenmeeres
befinden, Melde-, Wegeführungs- und Lotsenannahmepflichten. Allerdings gelten die
Regelungen lediglich für Schiffe, die innere deutsche Gewässer anlaufen wollen. Sie werden
völkerrechtlich damit gerechtfertigt, dass es nach Maßgabe des Art. 211 Abs. 3 SRÜ der
souveränen Entscheidung des Küstenstaates überlassen ist, welche Schiffe seine inneren
Gewässer anlaufen und Häfen aufsuchen dürfen.30 Ob dieses Argument aber auch für
Maßnahmen trägt, die Bereiche seewärts des Küstenmeeres betreffen, erscheint jedoch im
Lichte der Rechtsprechung des Internationalen See-
Ehlers: Lotsenannahmepflicht in der Kadetrinne(RdTW 2022, 133) 136
gerichtshofs31 nicht zweifelsfrei, bedarf hier aber keiner abschließenden Klärung. Denn in
Beachtung des Rechts auf friedliche Durchfahrt gem. Art. 17 SRÜ werden Schiffe, die lediglich
das Küstenmeer passieren, von der AnlBV nicht erfasst. Das bedeutet, dass eine denkbare
Erweiterung dieser Regelung auf die Kadetrinne in der Praxis keine Problemlösung ermöglicht,
da die wenigsten Schiffe, die dieses Seegebiet befahren, einen deutschen Hafen anlaufen.
2. Regional
8Wenn auf nationaler Ebene eine befriedigende Regelung nicht realisierbar ist, stellt sich die
Frage, ob eine regionale Lösung möglich ist, da alle Schiffe, die die Ostsee befahren, einen
Hafen eines Anrainerstaates anlaufen. Denkbar wäre, den Ansatz der AnlBV aufzugreifen und
Kopie von Peter Ehlers, abgerufen am 08.05.2022 09:05 - Quelle: beck-online DIE DATENBANK
http://beck-online.beck.de/Bcid/Y-300-Z-RDTW-B-2022-S-133-N-1
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