2 Einleitung
Das Leben in der Küstenzone – die Wirtschaft und insbesondere die Verkehrsinfrastruktur des Bundes –
wird sich an verändernde klimatische Bedingungen des 21. Jahrhunderts anpassen müssen, wenn die durch
anthropogenes Wirken beeinflussten Veränderungen weiter zunehmen. Die wetter- und klimabedingten Ri-
siken für die Bewohnbarkeit sowie für die wirtschaftliche und verkehrliche Nutzbarkeit dieses Raumes wer-
den voraussichtlich steigen.
2.1 Hintergrund
Das südwestliche Schleswig-Holstein, weitere Teile der deutschen Küsten auf Meeresspiegelniveau, sowie
die Seewege werden extremem Wetter und dem Klimawandel in besonderem Maße ausgesetzt sein. Seegang,
Stürme und Sturmfluten in Verbindung mit einem steigenden Meeresspiegel werden die Stabilität und Nut-
zung der Küsten gefährden. Höhere Niederschläge können im Binnenland vermehrt zu Überschwemmun-
gen führen, wenn bei einem erhöhten seeseitigen Wasserstand die Entwässerung der Fließgewässer, des
NOK und anderer Kanäle nur eingeschränkt möglich ist.
Sowohl Wasserstraßen, Bahnverbindungen als auch Bundesstraßen und Autobahnen können dadurch be-
einträchtigt, bzw. beschädigt werden, wie z. B. das Weihnachtshochwasser 2014 im südöstlichen Schleswig-
Holstein eindrucksvoll aufgezeigt hat (LKN–SH und LLUR–SH 2016, Schade 2017). Neben dem Straßen-
verkehr war die Seeschifffahrt im NOK massiv behindert. Der Meeresspiegelanstieg wird diese Probleme
verschärfen. Jenseits der Küstenlinie wird die Bahnverbindung nach Sylt durch Meeresspiegelanstieg und
Sturmflutrisiko betroffen sein, ebenso die zu erneuernde Fehmarnsundquerung durch möglicherweise ver-
änderte Windverhältnisse. Auf See können extremere Seegangsverhältnisse den Seeverkehr und Offshore-
anlagen gefährden. Die Seeschifffahrt an den Küsten hängt stark von der morphologischen Entwicklung im
Küstenvorfeld und in den Hafenzufahrten ab. Ein beschleunigter Meeresspiegelanstieg als Folge des Kli-
mawandels (z. B. IPCC 2019) kann zu morphologischen Veränderungen führen. Insbesondere der Ham-
burger Hafen, Knotenpunkt für Transport und Logistik, kann durch eine veränderte Hydro- und Morpho-
dynamik nachteilig betroffen werden. Die große Diversität der Risiken stellt anspruchsvolle und komplexe
Anforderungen an die Planungen von Küstenschutz- und Infrastrukturmaßnahmen.
2.2 Zielstellung
Ziel der Arbeiten im Schwerpunkt Fokusgebiete Küsten war es zu prüfen, inwieweit der Betrieb der küstenna-
hen Verkehrsinfrastruktur unter veränderten klimatischen und hydrologischen Rahmenbedingungen lang-
fristig und nachhaltig gesichert werden kann, welche Defizite und neuen Gefährdungen es gibt, welche
Gegenmaßnahmen ggf. ergriffen werden und wie deren Auswahl durch geeignete Informationen (Indikato-
ren, Kennwerte, etc.) unterstützt werden kann. Betrachtet wurden dabei sowohl die zukünftigen see- als
auch die landseitigen raumzeitlichen Entwicklungen.
Es wurden Datenprodukte und Informationen zu Veränderungen des Auftretens dieser Gefährdungen zur
Verfügung gestellt und ggf. Vorschläge für Anpassungsoptionen erarbeitet. Neben meteorologischen Grö-
ßen wie Niederschlag, Luftdruck und Wind wurden auch deren Auswirkungen auf ozeanographische und
hydrologische Größen wie z. B. Seegang, Abfluss, Wasserstand sowie der küstennahen Morphodynamik
untersucht. Die Wirkung von ausgewählten Anpassungsoptionen wurde an Beispielen simuliert und bewer-
tet. Weitere Anwendungen dieser Informationen sind in der Raumordnung möglich. Eine Fokusregion der
Arbeiten war der NOK. Im Rahmen der Projektarbeiten wurden verfeinerte Szenarien der seeseitigen und
binnenseitigen Randbedingungen des Kanalmanagements erarbeitet und modellhaft angewendet. So konn-
ten beispielsweise Veränderungen in der Länge des Entwässerungszeitfensters infolge hoher Wasserstände
und deren mögliche Konsequenzen für die Wasserbewirtschaftung festgestellt werden.