Teil B - Nachweise und G e n e h m i g u n g s e r f o r d e r n i s s e
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4.3 Konstruktionsphase
4.3.1 Vorbemerkungen
In den folgenden Betrachtungen wird davon ausgegangen, dass mit Beginn der Konstruk
tionsprüfung der WEA-Typ ausgewählt wurde und für selbigen ein gültiges Offshore-Typenzer-
tifikat vorliegt. Für eine Pilotanlage oder für eine aufgrund zeitlicher Vorgaben nicht oder noch
nicht typenzertifizierte Neuentwicklung ist nach Klärung im Einzelfall die Vorlage eines ande
ren geeigneten Zertifikats für die RGB zulassungsfähig.
Nach Vorliegen der Prüfberichte für Standortbedingungen, Lastannahmen und Tragstruktur
wird in der Regel die Konformitätsbescheinigung für die Rotor-Gondel-Baugruppe vom Prüf
beauftragten ausgestellt. Das Ausstellen der Konformitätsbescheinigung bildet den Ab
schluss der Konstruktionsprüfung.
Voraussetzung für das Ausstellen der Konformitätsbescheinigung ist, dass die RGB (Betriebs-
führungs- und Sicherheitssystem, Maschine, Rotor, E-Technik) gegenüber der bereits typen
zertifizierten Offshore-WEA unverändert ist, dass die standortspezifischen Lasten für die RGB
nicht die zulässigen Lasten der Typenzertifizierung überschreiten und der Einfluss mariner
Umgebungsbedingungen durch Klimatisierung, Korrosionsschutz u.a. in der Typenzertifizie
rung bereits berücksichtigt wurden.
4.3.2 Anforderungen und erforderliche Nachweise
Aufbauend auf den Standortbedingungen und den Entwurfsgrundlagen sowie dem Betriebs-
führungs- und Sicherheitskonzept der Offshore-WEA sind die auslegungsrelevanten stand
ortbezogenen Lastfälle zu definieren. Der Umfang der Lastfalldefinitionen wird vom Prüfbeauf
tragten bewertet. Es wird empfohlen, die Bewertung der Lastfälle durch den Prüfbeauftragten
durchführen zu lassen, bevor die Simulation und Berechnung der Lastannahmen beginnt, um
Mehrfachsimulationen zu vermeiden. Es sind alle Lastfälle zu berücksichtigen, die zum Nach
weis der strukturellen Integrität der Offshore-WEA erforderlich sind.
Grundsätzlich wird zwischen Betriebsfestigkeitslasten zum Nachweis der Betriebsfestigkeit
und Extremlasten zum Nachweis der allgemeinen Standsicherheit (Festigkeit, Stabilität,
äußere Standsicherheit) unterschieden. Die Betriebsfestigkeitslasten müssen den Betrieb der
Offshore-WEA über die designierte Lebensdauer von mindestens 20 Jahren repräsentieren.
Liegt die designierte Lebensdauer unterhalb der Genehmigungsdauer von 25 Jahren, so ist
rechtzeitig vor Ablauf der designierten Lebensdauer ein Nachweis über den Weiterbetrieb ein
zureichen (z. B. in Anlehnung an „DNV-GL-Richtlinie für den Weiterbetrieb von WEA“). Die Ex
tremlasten müssen alle Ereignisse erfassen, die unter Beachtung der Wahrscheinlichkeit ihres
gleichzeitigen Auftretens zu den höchsten Lasten führen können (z. B. „50-Jahres-Bö“, die
„50-Jahres-Welle“, extreme Schräganströmung des Rotors, Schiffsanprall durch Service
schiff, Eisdruck).
Die Kombination von externen Bedingungen und Anlagenzuständen ist für das jeweilige Pro
jekt und den Standort entsprechend den oder erforderlichenfalls in Anlehnung an die gültigen
Richtlinien und Normen darzustellen und zu begründen. Die Teilsicherheitsfaktoren der Einwir
kungen der verwendeten Regelwerke sind zu beachten. Die Berechnungsmethoden, z. B.
Simulationsverfahren, Anzahl der Realisierungen und Kombination von Wind- und Wellenlas
ten, sind zu beschreiben, ggf. vereinfachende Annahmen sind zu begründen.
Nach Festlegung und Bewertung der Lastfalldefinitionen sind Lastberechnungen unter Berück
sichtigung der kompletten Strukturdynamik durchzuführen und dem Prüfbeauftragten zur Prü
fung vorzulegen. Der Prüfbeauftragte prüft die Plausibilität der Lastannahmen und der Ergeb