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Die unnittelbare zeitliche Nähe der Eisdrift-Ereignisse läßt auf
einen klinatischen Hintergrund bei der Auslösung von Suspen
sionsströmen im nordostatlantischen Maury-Turbidit-System
schließen. Die Akkumulation von Eis auf den Kontinenten, die auch
zu einer vergrößerten Produktion von Eisbergen führte, bewirkte
eine Absenkung des Meeresspiegels um mehrere Zehnermeter. Der
sinkende Meeresspiegel verlagerte dabei SchelfSedimente über die
Schelfkante hinweg auf den oberen Kontinentalhang. Durch
Obersteilung der Böschungswinkel wurden diese Hänge vermutlich
instabil und gerieten ins Gleiten, was letztendlich der Auslöser
für einen Suspensionsstrom war. Da am südöstlichen Inselsockel
von Island, der das Ursprungsgebiet der Turbidite im Maury-System
ist, permanent vom Eis auf der Insel erodiertes Sediment
abgelagert wird (beim Flug von Europa nach Reykjavik überquert
man die riesige Schlammfahne des Vatnajökull-Gletschers, der die
Hauptmenge des Sediments liefern dürfte), sollte ausreichend
Material für die mächtigen Suspensionsströme zur Verfügung
stehen. Während der Kaltzeiten dürfte dieser Prozeß eher noch
stärker als heute gewesen sein, da die eisbedeckten Flächen
größer waren.
Der relativ große zeitliche Abstand des zweiten Turbidits von den
Eisdriftlagen läßt sich mit dem Zeitpunkt der maximalen Meeres
spiegelabsenkung erklären, die um 13.000 J.v.h. lag. Somit steht
dieses Suspensionsstromereignis ebenfalls in einem engen
Zusammenhang mit einer Meeresspiegelabsenkung.
Das Fehlen von Turbiditen zwischen 50.000 und 90.000 J.v.h.
könnte in einer zu geringen Anhäufung von Sedimenten am Insel
sockel begründet sein, so daß eventuell doch abgegangene Suspen
sionsströme zu klein waren, um das NOAMP-Gebiet zu erreichen. Der
an der Basis des Kerns durchteufte Turbidit war nicht zu
datieren, da die pelagische Abfolge in seinem Hangenden nicht
eindeutig einzustufen war.
8.5.3.4 Mineralneubildungen (Diagenese)
Die bodenmechanischen Untersuchungen (Wassergehalt, Porosität,
etc.) ergaben in den obersten vier Eisdrifthorizonten anomale
Werte, wie sie normalerweise nur in kompaktierten oder vorbelas
teten Sedimenten Vorkommen. Beides, Kompaktion und Vorbelastung,
ist aber für diese Horizonte auszuschließen.
Die röntgenographische Ermittlung des Mineralbestandes ergab dann
hohe Dolomit-Gehalte (CaMg(C0 3 )2) . Bei einer DünnschliffUn
tersuchung zeigte sich, daß der Dolomit in feinkörniger Form.den
Poranraum verfüllt hat. Es handelt sich somit um eine diagene-
tische Mineralneubildung, die nach oder während der Ablagerung
der Eisdriftsedimente im Verlauf der Hauptphase der Weichseleis
zeit stattgefunden hat.
Dolomitbildung ist nach bisheriger Anschauung an ganz bestimmte
hydrochemische Bedingungen gebunden, die normalerweise nicht in
der Tiefsee vorherrschen. Als Voraussetzungen wurden hohe Tempe
raturen (>30°C), hypersalines Wasser, Magnesium im Überschuß und
reichlich organische Substanz angesehen, die eigentlich nur in
tropischen oder subtropischen Lagunen Vorkommen. Dolomitbildung