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Atmosphärische Zirkulation
2.2 Zustand und Entwicklungen: 2008-2011
2.2.1 Einführung
Luftdruckverteilungen im mittleren Meeresniveau (MSLP) repräsentieren die großskalige
atmosphärische Zirkulation im Nordseeraum, denn sie implizieren die (geostrophische) Wind
verteilung an der Oberfläche. Charakteristisch für Herbst und Winter ist eine kräftige SW-
liche Anströmung, die sich im Frühjahr abschwächt, im Frühsommer auf eine NW-Strömung
umstellt und schließlich unter Rückdrehung auf W und Intensivierung wieder in den Herbst
modus übergeht. Dieser Ablauf ergibt sich aus der jahreszeitlich wechselnden Dominanz von
Islandtief und Azorenhoch und ist an die meridionale Verlagerung der Frontalzone um etwa
10 Breitengrade gekoppelt. Diese geht mit der Abschwächung des Islandtiefs und NE-Aus-
dehnung des Azorenhochs im Verlauf des Frühjahrs einher und kehrt sich mit dem Wiederer
starken des subpolaren Tiefs und dem Rückzug des Azorenhochs in die Subtropen zum Ende
des Sommers um.
Zur Charakterisierung der bodennahen Zirkulation wurden NCEP/NCAR MSLP-Reanalysen
herangezogen (KALNEY et al. 1996), auf täglichen, monatlichen und saisonalen Zeitskalen
ausgewertet und mit klimatologischen Referenzzuständen verglichen. Als zentrales diagnos
tisches Werkzeug wurde ein Wetterlagenklassifizierungsverfahren nach JENKINSON und
COLLISON (1977) auf den genannten Zeitskalen eingesetzt. Damit wurden nicht nur die je
weiligen Zirkulationsmuster charakteristischen Wetter- und Witterungslagen qualitativ zuge
ordnet. Über die Berechnung eines repräsentativen Nordseewindes und die Identifizierung
von Sturmereignissen wurde auch die Zirkulationsstärke quantifiziert.
Die Auswirkungen der atmosphärischen Zirkulation werden beispielhaft anhand von Luft
temperatur und Globalstrahlung auf Norderney sowie der Meerestemperatur der Deutschen
Bucht aufgezeigt. Anomalien sind stets auf den klimatologischen Referenzzeitraum 1971-
2000 bezogen. Hingegen gelten Rekord- oder Rangangaben, außer im Fall von Hurrels NAO-
Index (1899-2013), für den Zeitraum 1971-2013. Die nachstehenden Ergebnisse für die Jahre
2008 bis 2011 sind chronologisch zusammengestellt und saisonal untergliedert. Abweichend
von meteorologischen Usancen, sind hier die vier Jahreszeiten mit den Guartalen des Jahres
gleichgesetzt.
2.2.2 2008
(JFM) Abgesehen von einer 11 Tage andauernden antizyklonalen Episode in der 2. Fe
bruardekade waren die Wintermonate von SW- und NW-Lagen beherrscht (Tabelle 2-10; Ta
belle 2-18). Ein ähnlich hoher Anteil von über 60% wurde im Berichtszeitraum nur im OND-
Quartal 2011 erreicht. Daraus resultierte eine verstärkte W-Witterungslage (Abbildung 2-9),
die durch einen Nordseewind von 8.6 (V) bzw. 12.9 m/s (Vel) bei hoher Richtungsstabilität (V/
Vel = 67%) charakterisiert war (Tabelle 2-21). Das Sturmaufkommen war mit 28 Sturmtagen
(20 xGale+5x SevereG+3xVerySG) ähnlich hoch wie im Winter 2007 (26=18+7+1), wobei die
meisten Stürme jeweils im Januar eintraten (Tabelle 2-2; Tabelle 2-24; Abbildung 2-19). Als
Folge der erheblich verstärkten W-Zirkulation blieb die Lufttemperatur auf Norderney im Winter
um 2.2 K über dem klimatologischen Mittel von 3 °C (Abbildung 2-22). Ähnliches gilt für die
Meeresoberflächentemperatur der Deutschen Bucht, die das Klimamittel von 3.9 °C um 1.8 K
(1.3 StdAbw) übertraf (Abbildung 2-23).
(AMJ) Die typische Tendenz zur Gleichverteilung der Windrichtungen im Frühjahr war 2008
deutlich ausgeprägt (Abbildung 2-15), was auch aus der sehr geringen Richtungsstabiltät
(11 %) des Nordseewindes (Tabelle 2-21) und der zugehörigen diffusen Luftdruckverteilung