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Chemie
Polare, besser wasserlösliche Stoffe zeigten meist geringere Konzentrationsgradienten. Da sie
außerdem häufig größere Quellstärken in den Flüssen aufwiesen als die klassischen lipophilen
Stoffe, waren sie meist in deutlich höheren Konzentrationen im Meerwasser zu beobachten.
Zu diesen Stoffen zählen insbesondere >moderne<, eher polare Pestizide (z. B. Diuron, Sima
zin, Terbutylazin) aber auch neue Stoffklassen wie perfluorierte Tenside (PFOA, PFOS) oder
persistente Stoffe, die in der Industrie oder auch in Flaushalten in großen Mengen verwendet
werden (Komplexbildner, Flammschutzmittel). Aufgrund ihrer polaren und beständigen (per
sistenten) Eigenschaften verhalten sich diese Stoffe relativ konservativ 1 , so dass meist recht
gute inverse Korrelationen zwischen Stoffkonzentration und Salzgehalt gelten, welche die
großen, in die südliche Nordsee entwässernden Flüsse als Flaupteintragsquellen ausweisen.
Diese Stoffe wurden im Küstenwasser in Konzentrationen bis zu 10 ng/L und in der offenen
See im Bereich von 10 bis 500 pg/L beobachtet.
Die Gehalte der lipophilen CKW und PAK im Meerwasser lagen im Untersuchungszeitraum
im Wertebereich der vorangegangenen Jahre. Ein zeitlicher Trend war auch mittelfristig (2000
bis 2011) nicht erkennbar, weil zum einen die Konzentrationsschwankungen im Meerwasser
relativ groß sind zum anderen keine großen absoluten Änderungen beobachtet wurden. Diese
werden momentan auch nicht erwartet, da die Stoffe seit langem geregelt sind (DDT und PCB)
oder ubiquitär in der Umwelt Vorkommen (PAK).
Die Konzentrationen der Flexachlorcyclohexan-Isomere a- und -y-HCH waren hingegen im
Zeitraum 1989-2007 exponentiell zurückgegangen. Die Gehalte an a-FICFI halbierten sich in
der Deutschen Bucht alle 4 Jahre. Die -y-HCH-Gehalte hingegen gingen zunächst bis etwa
1998 ortsabhängig um nur 5-35 % zurück, während sie sich im anschließenden Zeitabschnitt
im Überwachungsgebiet alle 2 Jahre halbierten. Sowohl für a- als auch -y-HCH liegen die Kon
zentrationen inzwischen unter 0,1 ng/L. Im von der Elbfahne beeinflussten Seegebiet vor der
nordfriesischen Küste war der langfristige Abwärtstrend von a-FICFI bereits um die Jahrtau
sendwende in eine Seitwärtsbewegung übergegangen. Eine solche war seit 2007 und in dem
Untersuchungszeitraum 2008 bis 2011 nun auch für das -y-HCH zu beobachten. Somit waren
in der Elbfahne keine weiter abnehmenden Trends mehr für die FICFMsomere festzustellen.
Außerhalb der Küstengewässer waren für das -y-HCH z. T. noch leicht rückläufige Tendenzen
zu beobachten, allerdings waren diese nur noch sehr gering.
Die Konzentrationen der polaren Pestizide unterlagen auch in den Jahren 2008 bis 2011 recht
starken jahreszeitlichen Schwankungen. Diese werden durch unterschiedliche Anwendungs
zeiten der verschiedenen Herbizide verursacht. Obwohl regelmäßige Analysen erst seit dem
Jahr 2000 durchgeführt werden, war es möglich, erstmalig für einige Stoffe abnehmende Zeit
trends nachzuweisen. Dies betraf sowohl geregelte Herbizide (Atrazin, Verbot seit Mitte der
1990er Jahre) als auch noch zugelassene Stoffe. Auch bei den seit 2002 beschränkten per
fluorierten Tensiden wurden rückläufige Trends im Küstenbereich beobachtet. In der offenen
See wurden hingegen kaum rückläufige Trend festgestellt.
Sediment: Obwohl lipophile Schadstoffe im Sediment stark angereichert werden und in ca.
10 4 - bis 10 6 -fach höheren Konzentrationen als im Meerwasser vorliegen, ließen sich Quel
lenkorrelationen in der Deutschen Bucht kaum feststellen. Vielmehr werden die räumlichen
Verteilungen hauptsächlich durch die Sedimenteigenschaften (Korngrößenverteilung, TOC-
Gehalte) bestimmt. Die Konzentrationen aller untersuchten Verbindungen unterlagen im Sedi
ment hohen kleinskaligen räumlichen und zeitlichen Schwankungen. Aufgrund dieser hohen
Variabilitäten, die sich auch bei Normalisierung der Konzentrationen auf organischen Koh
lenstoff (TOC) nicht hinreichend reduzieren ließen, konnten keine robusten zeitlichen Trends
festgestellt werden.