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Meeresphysik
3.5 Temperatur
H. Klein, P. Loewe, N. Schmelzer, A. Frohse & A. Schulz
3.5.1 Einführung
Die wichtigste Datenbasis zur Analyse des thermischen Zustands der Nordsee und dessen
dynamischer Entwicklung sind die Oberflächentemperaturen der Nordsee, die im BSH seit
September 1968 wöchentlich veröffentlicht werden. Inzwischen umfasst das Archiv über 2000
digitale Temperaturfelder, die auf einem flächentreuen 20 sm Gitter vorliegen. Der Datensatz
dokumentiert nicht nur die raumzeitliche Entwicklung einer Schlüsselvariablen des physi
kalischen Meereszustands über mittlerweile 45 Jahre; als Integrator des meteorologischen
Antriebs lässt sich die Meeresoberflächentemperatur auch zur Untersuchung von Klimaände
rungen in der Nordseeregion nutzen.
Zunächst werden die Oberflächentemperaturen der Nordsee für die Jahre 2008 bis 2011
dokumentiert und statistisch eingeordnet. Im Anschluss wird die Temperaturschichtung an
hand von Beobachtungen analysiert, die während der Gesamtaufnahme der Nordsee mit FS
Celtic Explorer bzw. FS Pelagia jeweils im August durchgeführt wurden. Die ökologische Rele
vanz der Temperaturschichtung zeigt sich in markant verschiedenen Verteilungen von parallel
gemessenen Nährsalzen, Sauerstoff und Chlorophyll-a und inversen biologischen Prozessen
oberhalb (Produktion) und unterhalb (Abbau) der Temperatursprungschicht.
3.5.2 Oberflächentemperatur
3.5.2.1 Vorbemerkungen
In diesem Abschnitt bedeutet Temperatur stets Meeresoberflächentemperatur.
Die Entwicklung der Temperaturen im Zeitraum 2008-2011 wird zum einen durch Zeitserien
räumlicher Mittel für Nordsee (Abbildung 3-19) und Deutsche Bucht, zum anderen durch geo
graphische Verteilungen monatlicher Anomalien dokumentiert (Abbildung 3-20 bis 3-23). Letz
tere beziehen sich nicht auf den ansonsten bevorzugten klimatologischen Zeitraum (1971-
2000), sondern auf mittlere monatliche Zustände der operationeilen Basisperiode 1971-1993
(Klimanormal). Dem für unterschiedlichste Temperaturangaben mitgeteilten Rang liegt stets
eine in fallender Reihenfolge sortierte Zeitreihe zu Grunde, so dass Rang 1 (-1) dem höchsten
(tiefsten) Wert des Analysezeitraums 1969-2013 zugeordnet ist.
Die Jahresgänge der Nordseetemperatur sind zur Veranschaulichung der zwischenjähr
lichen Variabilität in das Ensemble entsprechender Jahreszyklen seit 1969 eingebettet (Ab-
bildung 3-19). Die Darstellung der Zeitserien orientiert sich dabei nicht mehr an meteoro
logischen Jahreszeiten. Die Eintrittszeiten der saisonalen Extrema im Februar und August
oder die Tatsache, dass die 3 kältesten und wärmsten Monate auf das 1. bzw. 3. Quartal
entfallen, legen eine um einen Monat verschobene jahreszeitliche Einteilung nahe, die zudem
offensichtliche praktische Vorteile bietet und deshalb auch den schriftlichen Ausführungen
zu Grunde liegt. Flingegen beziehen sich Jahresmitteltemperaturen - und deren langzeitliche
Entwicklung (Abbildung 3-24) - aus historischen Gründen weiterhin auf die Zeitspanne Dez.
des Vorjahres bis Nov. des aktuellen Jahres.
Die Jahresgänge räumlicher Mitteltemperaturen für die Deutsche Bucht (Abbildung 2-23) wur
den im Vorgriff an anderer Stelle diskutiert (Kap. 2.2.2ff.), um die Auswirkungen der atmo
sphärischen Zirkulation auf Luft- und Meerwassertemperaturen zu illustrieren. Die starke Kor
relation (0.94 ± 0.02) zwischen den Monatsmitteltemperaturen von Nordsee und Deutscher