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Full text: 54: Nordseezustand 2008-2011

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Meeresphysik 
3.4 
Wasserstand 
S. Müller-Navarra 
3.4.1 
Einführung 
Als Wasserstand des Meeres wird die vertikale Lage der Grenzfläche zwischen Meer und 
Atmosphäre - relativ zu einem geodätischen Festpunkt an Land - bezeichnet. Relative 
Wasserstandsschwankungen ergeben sich u. a. durch die Gezeiten, atmosphärische Ein 
flüsse, Änderungen im Wasserhaushalt, Klimaänderungen sowie Änderungen der ozeanischen 
Zirkulation. Hinzu treten noch isostatische Höhenänderungen der Erdkruste und Setzungen 
des Pegeluntergrundes. Vorgetäuschte Wasserstandsschwankungen können aus nicht er 
kannten systematischen Fehlern der Messeinrichtung oder fehlerhaften nachträglichen „Kor 
rekturen“ herrühren. Der Wasserstand wird an der deutschen Nordseeküste schon seit mehr 
als einhundert Jahren sehr sorgfältig aufgezeichnet und ausgewertet. Besonders lang ist die 
Zeitreihe stündlicher Messwerte am Pegel Cuxhaven (WAHL et al. 2010). Wasserstände an 
diesem Pegel wurden schon Mitte des 19. Jahrhunderts für Sturmflutwarnungen in Hamburg 
herangezogen (MÜLLER-NAVARRA 2009a). 
3.4.2 Schwankungen des Meeresspiegels 
Die Schwankungen des Meeresspiegels können aus oben genannten Gründen von Ort zu 
Ort recht verschieden ausfallen. Die folgenden Ausführungen beschränken sich deshalb auf 
Schwankungen des relativen Meeresspiegel (RSL) an der deutschen Nordseeküste. Aus lan 
gen Zeitreihen deutscher Pegel lässt sich u. a. folgendes ableiten: 
- Änderung der Gezeiten (Amplituden, Phasen, Steig- und Falldauern, mittlere Hoch- und 
Niedrigwasser, etc.), 
- der lokale relative Meeresspiegelanstieg und 
- Statistiken zum Windstau (Differenz von eingetretenen Hoch-/Niedrigwasserhöhen und 
denen der vorausberechneten Gezeiten). 
3.4.3 Gezeiten 
Der Wasserspiegel der Nordsee ist an jedem Ort immer bestrebt, sich senkrecht zum örtlichen 
Vektor des Schwerefeldes einzustellen. Dieser Vektor unterliegt sehr kleinen Störungen, die 
durch Mond und Sonne verursacht werden und Gezeitenbeschleunigungen genannt werden. 
Nur in großen, kilometertiefen Ozeanen können die Gezeitenbeschleunigungen Wasserstands 
schwankungen von wenigen Dezimetern hervorrufen. Diese im offenen Ozean erzeugten 
langen Gezeitenwellen dringen in die Nordsee ein und werden dort durch Erdrotation, Boden 
topographie und Küstenverlauf modifiziert. Der Gezeitenhub an der deutschen Nordseeküste 
erreicht bis zu 4 m gegenüber 2,7 m bei Aberdeen. 
Der direkte Einfluss der örtlichen Gezeitenbeschleunigungen auf die Wassermassen der Nord 
see ist sehr klein und beträgt lediglich wenige Millimeter bis Zentimeter (MÜLLER-NAVARRA 
2002). Es handelt sich hier also hauptsächlich um Mitschwingungsgezeiten. Der Einfluss vom 
Mond ist deutlich größer als der von der Sonne, weswegen die Gezeiten der Nordsee im Mittel 
eine Periode von etwas mehr als einen halben Tag (12,42 h) haben und als halbtägige Gezei 
ten bezeichnet werden. Langfristige Änderungen der Gezeiten, sei es aus astronomischen 
Gründen oder weil sich die Küstengestalt und die Tiefenverteilung der Gezeitengewässer ge 
ändert hat, fließen verfahrensbedingt Jahr für Jahr in die vorausberechneten Werte in den 
deutschen Gezeitentafeln ein (Anonymus 2010; MÜLLER-NAVARRA 2013a). So hat sich der
	        
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