Klima und Meeresumweltschutz 77
Maritime Messnetze
Um Eingriffe in das Ökosystem Meer und
Beeinflussungen des Ökosystems in ihrer
Gesamtheit und mit ihren jeweiligen
Verknüpfungen zu erfassen, bedarf es
einer über die Monitoringfahrten hinaus
gehenden engmaschigen und kontinuier
lichen Beobachtung der Meere. Die
Automatisierung der Datenerfassung und
-Vermittlung durch neue Technologien
leistet dazu einen wesentlichen Beitrag.
Statt der 1990 noch üblichen „manuellen“
Verbreitung mit Telex können heute Daten
in „Echtzeit“, also zum Zeitpunkt der
Messung, übermittelt werden.
Das ermöglicht, Beobachtungen von
Satelliten mit vor Ort erfassten (in-situ)
Daten zu vergleichen, zu kombinieren und
unmittelbar in Computermodellen weiterzu
verarbeiten. Dieses Zusammenspiel macht
heute auch in der Ozeanographie immer
bessere Vorhersagen möglich. Stationär
und automatisch erhobene Daten ergän
zen also die Daten von Forschungsschif
fen, die nur während der Messkampagnen
Daten liefern können.
Erst mit der Digitalisierung Anfang der
90er-Jahre ergaben sich ganz neue
Möglichkeiten mit dem sogenannten
„Data-Mining“, der systematischen Anwen
dung statistischer Methoden auf große
Datenbestände (insbesondere „Big Data“
bzw. Massendaten) mit dem Ziel, neue
Querverbindungen und Trends zu erken
nen. 1991 wird mit „From Data Mining to
Knowledge Discovery in Databases“ der
American Association for Artificial Intelli
gence das erste Buch zu Data-Mining
veröffentlicht.
Auswertungen zeigten, dass die vorhande
nen Daten nicht ausreichten, um die
Prozesse im Austausch zwischen Ozean
und Atmosphäre angemessen zu erfassen.
Anfang der 90er-Jahre begann das BSH
daher, die über Jahre und Jahrzehnte
gewonnenen Daten systematisch digital zu
erfassen und auszuwerten.
Das BSH ergänzt diese Datenerhebung
und Beobachtung aus dem Monitoring
von Nord- und Ostsee mit Modellrechnun
gen. Es misst Daten, relevante Prozesse
und deren Wechselwirkungen und erstellt
auf dieser Basis Modellszenarien. Der
Vergleich von Ergebnissen aus diesen
Szenarien und von Beobachtungen
erlaubt, Modelle kontinuierlich zu verbes
sern und andere relevante Prozesse oder
neue Wechselwirkungen zu erkennen.
Das ermöglicht breitere und detailliertere
Prognosen unter anderem auch des
Verlaufs und der Auswirkungen der
Klimaerwärmung auf die Meere.
MARNET
Anfang der 90er-Jahre begann MARNET,
das vom BSH betriebene Messnetz
automatisch registrierender Stationen in
der Deutschen Bucht und der westlichen
Ostsee, Daten zu erfassen und zu senden.
Heute verfügt das Messnetz über zwölf
Messstationen in der Deutschen Bucht und
der Ostsee. Es dient der Überwachung der
Meeresumwelt. Die MARNET-Stationen
erheben in mehreren Wassertiefen Tempe
ratur, Salzgehalt, Sauerstoff, Strömung
und radioaktive Gammastrahlung sowie
wichtige meteorologische Daten wie
Lufttemperatur, Windrichtung und -ge-
schwindigkeit im Stundentakt. Über
Satelliten gelangen diese Daten in Echtzeit
in das BSH. Von 1990 bis 2015 hat sich
die Zahl der gesendeten Daten auf
60000 Datensätze pro Jahr verdoppelt.
Dank der MARNET-Station Darßer
Schwelle, die das Leibniz-Institut für