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Beobachten + Vorhersagen
Radioaktive Substanzen
Seit Beginn der Nutzung der Kernkraft gelangen
weltweit eine Reihe künstlicher radioaktiver Stoffe In
die Meeresumwelt:, Tritium, Sr-90, Tc-99, Cs-134,
Cs-137, Plutoniumisotope und Americlum-241. Zu
nächst infolge des Fallouts nach den atmosphä
rischen Kernwaffentests In den fünfziger und sech
ziger Jahren, später aufgrund genehmigter Ableitun
gen aus kerntechnischen Anlagen, aber auch aus
dem Unfall von Tschernobyl (1986). Die wesentlichen
Quellen der Nordsee waren während vieler Jahre die
Wiederaufbereitungsanlagen von Sellafield (GB) und
La Hague (F), deren Abwässer durch die Meeres
strömungen in die Nordsee bzw. Deutsche Bucht
gelangen. Die Ableitungen aus diesen Anlagen wur
den jedoch in den letzten Jahren für die meisten
Radionuklide soweit reduziert, dass mittlerweile die
stärkste Quelle für die Nordsee remobilisierte
Radionuklide aus dem Sediment der Irischen See
darstellt. Der Fallout aus dem Reaktorunfall von
Tschernobyl ist in der Ostsee nach wie vor der
dominierende Beitrag gegenüber allen anderen
Quellen. Die Konzentration an Cs-137 nimmt aber
auch hier langsam ab.
Im Wasser der Nordsee lag 2005 die Kontamination
mit Cs-137 (Halbwertszeit T = 30 Jahre) und Sr-90
(T = 29 Jahre) nur noch gering über der infolge at
mosphärischer Kernwaffentests der sechziger Jahre
im Oberflächenwasser des Nordatlantiks vorhande
nen Konzentration. In der Ostsee ist aufgrund des
sehr geringen Wasseraustausches mit der Nordsee
nach wie vor ein vergleichsweise hohes Niveau von
Cs-137 festzustellen. Die Strahlenexposition des
Menschen durch den Verzehr von Fischen und an
deren Meeresfrüchten aus Nord- und Ostsee beträgt
jedoch nur einen Bruchteil der natürlichen Strahlen
belastung.
Im Rahmen eines durch das Bundesamt für Strahlen
schutz geförderten Forschungsprojekts wird der
Kreislauf von lod-129 in der Nordsee und angrenzen
den Meeresgebieten untersucht, lod-129 ist ein
extrem langlebiges Radionuklid (T = 14 Mio. Jahre),
das auch über den Kernbrennstoffkreislauf aus den
Wiederaufbereitungsanlagen in die Meeresumwelt
freigesetzt wird. Die Nordsee und angrenzende
Meeresgebiete scheinen wesentliche Quelle dieses
Radionuklids auch für den Eintrag auf dem Lande zu
sein, da infolge der Ableitungen aus den nuklearen
Wiederaufbereitungsanlagen die Konzentration in der
Nordsee vergleichsweise hoch ist und es sich um ein
stark flüchtiges Element handelt, wenn es elementar
vorliegt. In dem Verbundprojekt werden die geogra
phische Verteilung und das geochemische Verhalten
dieses Radionuklids untersucht. Hierfür wurden im
Sommer Proben aus allen Gebieten der Nordsee mit
FS GAUSS gewonnen. Weitere Radionuklide wie das
Tc-99 (T = 210 000 Jahre) werden hierbei mit unter
sucht. Das Projekt wird zusammen mit dem dä
nischen Forschungszentrum Riso, der Universität
Hannover und der ETH Zürich durchgeführt.
Schwermetallkonzentrationen
Metalle sind natürliche Bestandteile der marinen Um
welt. Sie gelangen durch Verwitterung sowie atmo
sphärischen und fluvialen Transport in die Küstenge
wässer und das offene Meer. Auf natürliche Prozesse
zurückzuführende Metallgehalte in Wasser, Schweb
stoff und Sediment werden als Hintergrundkonzen
tration bezeichnet. Vielfältige menschliche Aktivitäten
mobilisieren zusätzlich zu den natürlichen Prozessen
Metalle in der Umwelt.
Regional begrenzt übersteigen in der Nordsee einige
Elementgehalte sowohl im Wasser, als auch im Sedi
ment immer noch deutlich die Hintergrundkonzentra
tion, obwohl der Eintrag von Schwermetallen durch
verbesserte Abgas- und Abwasserreinigung und die
Optimierung von Produktionsprozessen generell ab
genommen hat. Seit Beginn der regelmäßigen Über-