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Beobachten + Vorhersagen
Häufigkeit von Sturmfluten bis in die 1990er Jahre zu,
dann wieder ab. Die bisher höchste Sturmflut von
1872 mit 3,3 Meter wurde keinmal auch nur annäh
ernd erreicht.
Mit den Warndiensten der Niederlande und Polens
sowie - im Rahmen des Global Sea Level Observing
System (GLOSS) - mit dem Permanent Mean Sea
Level Service am Proudman Oceanographic
Laboratory in Birkenhead, UK, wurden Daten ausge
tauscht. Das jährliche Arbeitstreffen der Wasser
stands- und Eisdienste beider Länder fand 2005 in
Rostock statt.
Gezeiten
Die Sicherheit und Leichtigkeit des Seeverkehrs an
der deutschen Nordseeküste und in den übrigen
europäischen Gewässern ist durch die Gezeiten be
sonders beeinflusst. Als Planungshilfe gab das BSH
den Gezeitenkalender der „Hoch- und Niedrigwas
serzeiten für die Deutsche Bucht und deren Fluss
gebiete, 2005“ sowie die „Gezeitentafeln 2005,
Europäische Gewässer“ heraus.
Zur Fortschreibung der Gezeitentafeln und der Be
schickungsunterlagen für die Seevermessung wer
den alle verfügbaren Wasserstandsmessungen aus
dem deutschen Küstenbereich gesammelt und in
einer Gezeiten-Datenbank archiviert. Aus Hoch- und
Niedrigwasserbeobachtungen von 184 Pegeln der
deutschen Nordseeküste wurden die Gezeitengrund
werte und Gezeitenunterschiede zu den Bezugsorten
neu abgeleitet. Gleiches erfolgte für einige auslän
dische Bezugsorte. Zum täglichen Abruf unter
www.bsh.de wurden für 176 Orte an der deutschen
Nordseeküste und den angrenzenden Revieren die
Gezeiten für das Jahr 2006 vorausberechnet.
Die seit 1997 laufenden Hochseepegelmessungen in
der Deutschen Bucht wurden im Jahr 2005 mit sechs
Pegelverankerungen fortgesetzt. Auf der Grundlage
von bisher insgesamt 76 Zeitserien (durchschnittliche
Messdauer sieben Wochen) wurde die Genauigkeit
der Wasserstandserrechnungskarten für die Seever
messung verbessert.
Mit dem Ziel, die Wasserstandsvorhersagen für die
Ostsee zu verbessern, wurde mit Gezeitenuntersu
chungen anhand von Daten ausgewählter Ostsee
pegel begonnen. Während an der deutschen Nord
seeküste ein maximaler Springtidenhub von etwa 4 m
anzutreffen ist, weist die westliche Ostsee nur einen
Hub von wenigen Dezimetern auf.
Extremereignisse an der
deutschen Nordseeküste
Im Forschungsprojekt MUSE hat das BSH gemein
sam mit dem Deutschen Wetterdienst und der Uni
versität Siegen extreme Nordsee-Sturmfluten simu
liert. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis,
dass im Extremfall die bislang aufgetretene höchste
Sturmflut (1976 mit z. B. 5,10 m über NN in Cux
haven) um maximal 1,5 Meter überschritten würde
(Eintrittswahrscheinlichkeit kleiner als 1:10 000). Für
diese Wasserstände wären keine zusätzlichen Küs
tenschutzmaßnahmen erforderlich. 2006 wird mit
ähnlichen Untersuchungen für die Ostsee begonnen.
Im Rahmen eines BSH-Workshop wurden umfang
reiche Modellsimulationen zu Tsunami-Szenarien in
der Nordsee berechnet und von über 60 Experten
bewertet. Im Ergebnis ist eine Gefährdung der deut
schen Nordseeküste durch Tsunamis sehr unwahr
scheinlich. Durch die geringe Tiefe der Nordsee
würde ein von Norden in die Nordsee einlaufender
Tsunami stark abgeschwächt und nach ungefähr
sechs Stunden die deutsche Küste erreichen. Die
Auswirkungen wären etwa 1,50 m hohe Wellen, dies
läge deutlich unterhalb der Wasserstände bei einer
schweren Sturmflut. Da rechtzeitig gewarnt werden