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Beobachten + Vorhersagen
gegangen und heute z. T. erheblich niedriger als vor
20 Jahren. Andererseits wurden zwischenzeitlich eine
große Anzahl neuer Schadstoffe in der Umwelt nach
gewiesen, die aufgrund ihrer Beständigkeit auch im
Meerwasser zu finden sind. Ähnlich wie in den Vor
jahren waren die Konzentrationen verschiedener
Herbizide relativ hoch. Immer noch ist Atrazin
großräumig nachweisbar, obwohl seine Anwendung
schon seit Mitte der 90er Jahre in Deutschland und
anderen europäischen Ländern nicht mehr zugelas
sen ist.
Neu in das Messprogramm des BSH aufgenommen
wurden die perfluorierten Tenside (PFC). Aufgrund
ihrer vielen Einsatzgebiete (z. B. bei der Oberflächen
behandlung von Papier, Textilien oder Teppichen)
werden sie in großen Mengen hergestellt und ver
wendet. Wegen ihrer sehr großen chemischen Stabili
tät sind sie allerdings auch in der Umwelt sehr be
ständig und weltweit nachweisbar. Die Hauptvertreter
PFOA (Perfluoroctansäure) und PFOS (Perfluoroctyl-
sulfonat) sind im Wasser der gesamten Nordsee
nachweisbar. Die Konzentrationen liegen im Bereich
von 0,09 bis 5,9 ng/L (PFOA) bzw. von 0,06 bis
3,1 ng/L (PFOS) und liegen damit erheblich höher
als die von „klassischen“ Schadstoffen wie HCH,
PCB oder DDT. Von den Küsten zur offenen See sind
generell starke Konzentrationsgradienten zu beob
achten. Besondere Beachtung verdienen die hohen
Konzentrationen von PFBS (Perfluorbutylsulfonat)
vor der Rhein- und Schelde-Mündung, die auf eine
spezielle lokale Eintragsquelle hinweisen; PFBS wird
erst seit kurzem als Ersatzstoff für PFOS verwendet,
dessen Herstellung seit 2002 von dem Hauptprodu
zenten eingestellt wurde.
Die Belastung des Ostseewassers mit organischen
Schadstoffen zeigt in 2007 keine gravierenden
Veränderungen gegenüber den Vorjahren. Die HCH-
Konzentrationen von 2007 bestätigen den in den
Vorjahren angedeuteten rückläufigen Trend. Eine
Aussage über die regionale Verteilung kann noch
nicht gegeben werden, da sich die Daten in der Aus
wertung befinden.
Beobachtungssysteme
und -programme
MARNET
Eine umfassende Überwachung der Meeresum
welt ist allein auf der Basis von Schiffsmessungen
oder Satellitenbeobachtungen nicht möglich. Daher
betreibt das BSH ein automatisches Messnetz mit
insgesamt vier ortsfesten Dauerstationen in der Deut
schen Bucht und mit fünf Stationen in der westlichen
Ostsee. Die Messungen auf den MARNET-Stationen
sind eine Fortführung und Erweiterung der seit 1920
bestehenden Messreihen der deutschen Feuer
schiffsbeobachtungen, so dass auf einigen Positi
onen sehr lange Zeitreihen bestehen. Diese langen
Reihen sind für die Untersuchungen von Klimaver
änderungen von großer Bedeutung. Im Gegensatz
zu den alten Feuerschiffbeobachtungen werden die
Messdaten der MARNET-Stationen in stündlichem
Abstand an das BSH übermittelt. Die Archivierung
und Aufbereitung der MARNET-Daten erfolgt auf
einem speziellen Datenbankserver, der 2007 in den
operationeilen Betrieb übergegangen ist.
2007 wurde die Modernisierung der teilweise ver
alteten Stations- und Messtechnik fortgesetzt. Im
Herbst wurde die Messboje NSB II nach mecha
nischer und elektrotechnischer Komplettüberholung
wieder auf ihre Position geschleppt. Anschließend
wurde die NSB III für die Umrüstung auf die neue
Datenerfassungstechnik eingezogen. Die NSB III ist
die letzte von vier Nordseestationen, die moderni
siert und mit neuen Sensoren bestückt wird. Zu den
neuen Sensoren zählen moderne CTD-Systeme, d. h.
neue Sonden zur Erfassung von Temperatur, Leit
fähigkeit und Druck. Die Ausrüstung der MARNET-
Stationen mit profilierenden akustischen Strömungs
messern (Acoustic Doppler Current Profiler, ADCP)
wurde auf den Stationen Oder Bank und NSB II
fortgesetzt.