50-jähriger Zeitraum 1961-2010
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Im Februar wird in mäßigen Eiswintern der Höhepunkt der
Vereisung im Küstenabschnitt W-lich von Darßer Ort Anfang
des Monats erreicht (überwiegend graues Eis), im Küstenab
schnitt O-lich von Darßer Ort erst Mitte des Monats (überwie
gend grau-weißes Eis). In der dritten Dekade ist das Eis in
fast allen Häfen schon wieder abgeschmolzen. In sehr star
ken Eiswintern schreitet die Vereisung der See langsam
voran. In der Mehrzahl dieser Winter wird in der Ostsee
W-lich von Bornholm in der dritten Dekade der Höchststand
der Vereisung erreicht. In diesem Stadium ist die See mit
überwiegend weißem Eis (Eisdicke 30-50 cm) bedeckt. In der
Kieler Bucht und in großen Teilen der Mecklenburger Bucht
ist das Eis unbeweglich. Im Gebiet von Fehmarnbelt bis W-
lich der Gedser Enge bleibt das Eis infolge Wind und Strö
mung noch am längsten in Bewegung. Es bilden sich dabei
örtlich offene Stellen im Eis, während an anderen Orten das
Eis übereinandergeschoben oder bei genügender Dicke auf
gepresst wird. Es wurden auf See 3 bis 4 m hohe Presseis
rücken (Segelhöhe über der Wasseroberfläche) beobachtet,
die in mehreren Reihen angeordnet waren. In der Ostsee
O-lich von Bornholm kommt in sehr starken Eiswintern in der
dritten Februardekade hauptsächlich lockeres Treibeis (Eis
bedeckungsgrad höchstens 6/10) vor, seltener Treibeisge
biete mit höherem Bedeckungsgrad. Die Hanö Bukt ist größ
tenteils mit Festeis bedeckt, und auch entlang der pommer-
schen Küste erstreckt sich ein breiter Festeissaum.
Im März schmilzt in mäßigen Eiswintern das restliche Eis in
den geschützt liegenden Fahrwassern der mecklenburgi
schen und pommerschen Küsten ab. In sehr starken Eiswin
tern hat in der ersten Dekade das Eis in der Ostsee S-lich von
56° N seine größte Ausdehnung. Zu diesem Zeitpunkt über
wiegt O-lich von Bornholm das grau-weiße bis weiße Eis mit
einem Bedeckungsgrad von 7/10-8/10. Eis von niedrigerem
Bedeckungsgrad kommt im Gebiet von 18°-20° O vor. Wind
und Strömung verändern das Eisvorkommen sehr. Davon
sind besonders die Pommersche und Danziger Bucht (Zatoka
Gdanska) betroffen, die bei NO-Winden die Sammelbecken
für die von See herantreibenden umfangreichen Eismassen
sind. Durch die konvergente Eisbewegung in den Buchten
entstehen starke Schubkräfte, die breite Presseiszonen er
zeugen. Andererseits wird das grobe Eis an der Küste durch
ablandige Winde rasch seewärts vertrieben. In der zweiten
Dekade setzt W-lich von Bornholm der Eisrückgang ein. In
der Mehrzahl der sehr kalten Winter schmilzt das Eis in den
Küstengebieten W-lich von Darßer Ort in der dritten Dekade
weitgehend ab. Auf offener See treiben aber noch Felder von
überwiegend grobem Eis, die durch den Windschub an die
luvseitigen Küsten gelangen.
Im A p r i I werden nach sehr starken Eiswintern die Häfen
spätestens in der ersten Dekade wieder eisfrei. In der Kieler
und Mecklenburger Bucht sowie im Fehmarnbelt schmelzen
auf See die Eisreste spätestens in der zweiten Dekade voll
ständig ab, eine Dekade später als das restliche Eis W-lich
und O-lich von Bornholm.
Datenmaterial
Die statistischen Karten, die in diesem Atlas gezeigt werden,
basieren auf digitalisierten deutschen und polnischen Eiskar
ten aus dem Zeitraum 1961-2010. Der Gitterraster ist
2’ Breite und 4’ Länge oder etwa 2x2 Seemeilen. Die Aus
gangsparameter sind Eisbedeckungsgrad, Eisdicke und, falls
bekannt, Formen des Eises.
Im analysierten 50-jährigen Zeitraum haben sich die Eisbeob
achtungsmethoden und Eisbeobachtungsdaten, die für die
Eiskartenherstellung notwendig sind, beträchtlich geändert.
Am Anfang der betrachteten Periode dominierten Küsten-
und Schiffsbeobachtungen mit einigen gelegentlichen Flug
zeugmeldungen. Die Zahl der Eisbeobachtungsflüge verrin
gerte sich im Laufe der Zeit, während die Zahl der Satelliten
beobachtungen sich erhöht hat. Jedoch stehen gute, von der
Bewölkung unabhängige Satellitendaten, nur in den letzten
15 Jahren zur Verfügung. Eisdicken werden weiterhin nur in
der Küstennähe gemessen. Mit sehr wenigen Angaben der
Eisdicke im Seebereich sind die Fehler der statistischen Be
rechnungen relativ hoch. Zunehmender Schiffsverkehr sowie
Verbesserungen der Schiffbautechnik (maschinenstarke, grö
ßere Schiffe) führten ebenfalls zu Änderungen in der Eiskar
tenherstellung, die hauptsächlich für die Schifffahrt gezeich
net werden. Zurzeit der hölzernen Segelschiffe wurde der
Schiffsverkehr sogar durch dünnes Eis behindert, sodass nur
die Informationen über das Eisauftreten sehr wichtig waren,
während die Unterschiede in Eiskonzentration und Eisdicke
geringe Bedeutung hatten, da die Schiffe im Eis sowieso
nicht fahren konnten. Moderne Stahlschiffe werden kaum
durch dünnes Eis behindert. Heutzutage sind viele Schiffe
fähig, im Eis hoher Konzentration und Dicke zu fahren. Aus
diesem Grund sind Informationen über diese Eisparameter
viel wichtiger als in der Vergangenheit geworden.
Das ist auch einer der Gründe, warum in den älteren Eiskar
ten kaum Angaben über die Eisdicken zu finden sind. Um die
Lücken zu schließen, ist es erforderlich, die fehlenden Eis
dicken auf der Grundlage von anderen vorhandenen Daten
(z. B. Anzahl der Tage mit Eis, Lufttemperaturen etc.) einzu
schätzen.
Die Eiskarten des polnischen Eisdienstes decken die polni
sche Küste und den östlichsten Teil der deutschen Küste ab.
Sie wurden normalerweise 2-3x wöchentlich gezeichnet.
Neuere Karten sind bereits im Shape-Format vorhanden. Die
älteren Eiskarten wurden von Kollegen des Polnischen Eis
dienstes im ArcGIS nachgezeichnet und anschließend digita
lisiert. Die fehlenden Eisdicken aus dem Zeitraum 1961-1981
wurden aufgrund von bekannten Zahlen (I, J, K) des balti
schen Eis-Codes (Schmelzer, 2009) und durch Verwendung
der Beziehung zwischen der Kältesumme und der Eisdicke
berechnet (Przygrodzki, 2010).
Die Eiskarten des deutschen Eisdienstes wurden 1-2x
wöchentlich, bei starken Änderung der Eislage auch häufiger
herausgegeben. Die im DHI bis 1987 gezeichneten Karten
wurden für die Digitalisierung von Dr. G. Koslowski vorberei
tet und von Herrn R. Warnecke und R. Scholl digitalisiert.
Diese Eiskarten decken auch dänische und schwedische Ge
wässer ab, aber im Osten reichten sie nur bis 14° O. Später
wurden diese Karten bis zur deutsch-polnischen Grenze er
weitert. Die Eiskarten aus den Jahren 1996 und 1997 wurden
mit Hilfe des Eiskartenprogramms ICEMAP gezeichnet und
digitalisiert. Ab 2004 werden die Eiskarten mit einem Eiskar
tenprogramm auf Basis von ArcGIS gezeichnet und digitali
siert.