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Klimatologischer Eisatlas
Abb. 4: Atlas Beispiel: Klimatologischer Eisatlas für die Ostsee, das Kattegat, den Skagerrak und Vänernsee
SMHI, FIMR
Norrköping, 1982
Datenreihe: 1962/63-1978/79
Parameter:
- Häufigkeit,
- Häufigkeit des hohen Bedeckungsgrades,
- Mittlerer Bedeckungsgrad,
- Überwiegende Eisform,
- Mittlere Dicke des ebenen Eises,
- Wahrscheinlichkeit des Auftretens sehr dichten und
kompakten Eises,
- Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Presseisrücken,
- Spezielle Eisinformation
Dieser Atlas ist der vollständigste der existierenden Atlanten,
aber er spiegelt nicht die Klimaentwicklung der letzten
30 Jahren wider.
Allgemeines
ln der Ostsee S-lich von 56° N bildet sich im Winter nicht regel
mäßig Eis. Verantwortlich für die großen räumlichen und zeitli
chen Schwankungen der Eisbedeckung sind Art und Bestän
digkeit der über Europa herrschenden Großwetterlagen. Im
Herbst und Winter überwiegen die Großwetterlagen mit W-Ii-
chen Winden. Sie führen milde atlantische Luftmassen nach
Mitteleuropa und kühlen infolgedessen die See nicht nennens
wert ab. O-Wetterlagen kühlen dagegen in dieser Jahreszeit
das Wasser rasch ab, insbesondere wenn durch größere Wind
geschwindigkeiten der für die Abkühlung wichtige turbulente
Wärmeaustausch zwischen See und Luft groß ist.
Von diesen Wetterlagen sind besonders wirksam die statio
nären großräumigen Hochdruckgebiete über N-Skandinavien
und dem Europäischen Nordmeer, die gewöhnlich langan
dauernde Kaltluftvorstöße aus NO und O verursachen. Die im
Zusammenhang mit einem Hochdruckgebiet über Russland
stehenden kalten SO-Winde kühlen die See nicht so rasch
ab. Umfang und Dauer der Eisbedeckung in der Ostsee und
in den Zugängen der Nordsee hängen wiederum ab von der
Anzahl, der Stärke und der Länge der Kälteperioden und dem
Zeitpunkt ihres Auftretens. Sehr starke Eiswinter sind dann
am wahrscheinlichsten, wenn eine starke Abkühlung der offe
nen See schon im Spätherbst einsetzt und fast unvermindert
bis zur Eisbildung, die gewöhnlich Mitte Januar erfolgt, an
dauert. Bleibt eine für den Zustrom sehr kalter Luft sorgende
Großwetterlage noch längere Zeit erhalten, dann vereist auch
die Ostsee westlich von Bornholm.
Die Bildung und flächenhafte Ausdehnung des Eises hängt
nicht nur von den Luft- und Wassertemperaturen und dem
Wind ab. Der Salzgehalt des Oberflächenwassers, Strömun
gen und Wasserstandsschwankungen spielen bei der Eisbil
dung eine unterschiedliche, aber nicht geringe Rolle. Bei zu
nehmendem Salzgehalt nimmt der Gefrierpunkt des Wassers
ab. Dieser beträgt in der Kieler Bucht -0,9 bis -1,2 °C, im
Fehmarnbelt -0,6 bis -0,9 °C und nimmt nach Osten hin in
folge des geringer werdenden Salzgehaltes bis auf -0,4 °C
zu. In Gebieten mit starker Strömung und starker vertikaler
Salzgehaltsschichtung (Storebaslt, Fehmarnbelt) ist die der
Abkühlung unterworfene Oberflächenschicht im Anfangs
stadium der Vereisung gewöhnlich 5 m dick, in der meistens
durchmischten Kieler Bucht dagegen 10-15 m.
Diese kalte Oberflächenschicht entsteht bei intensivem Aus
strom in der W-lichen Ostsee, der gewöhnlich mit O-Wetter
lagen verbunden ist. Es gelangt dadurch salzarmes und sehr
kaltes Oberflächenwasser aus der eigentlichen Ostsee in die
Beltsee. Diese Schicht kann sich durch den Wärmeaustausch
mit der Atmosphäre rasch abkühlen, weil die als Sperre wir
kende Dichtesprungschicht den weiteren Wärmeumsatz mit
dem salzreicheren und wärmeren Tiefenwasser verhindert.
Wegen der geringeren Mächtigkeit dieser Schicht entsteht im
Fehmarnbelt das Eis einige Tage früher als in der offenen
Kieler Bucht.
Ein anderes ostseetypisches Phänomen, das sehr selten ist
(Matthäus, 2005; Matthäus et al., 2008), beeinflusst den Eis
rückgang in der westlichen Ostsee. Nach einem strengen
meteorologischen Winter, wenn fast die ganze Ostsee quasi
eisbedeckt war, gelangt mit dem Einsetzen von Westwind
wetterlagen salzreiches Nordseewasser mit höherem spezifi
schen Gewicht unter das Eis des Kattegats, des Großen Belts
und schließlich der Kieler und Mecklenburger Bucht. Infolge
der damit verbundenen Gefrierpunkterniedrigung des Was
sers schmilzt das Eis auf See von unten her und verschwin
det schneller als erwartet.