88 Sylvin H. Müller-Navarra, Sturmfluten in der Elbe und deren Vorhersage im Wandel der Zeiten
Hamburg - die Elbe und das Wasser sowie weitere wasserhisinn^i, r.
o"*!* der DWhG. Hand 13,
Siegburg 2009, ISBN 978-3-8370-2347-3
Datenfernübertragung
Wenn man von der Gezeitenvorausberech
nung absieht, funktioniert keine Wasser
standsvorhersage ohne zeitnahe flächige In
formationen über den Anfangszustand der
vorherzusagenden Größen. Wind und Wetter
und die Wasserspiegellage müssen zu einer
bestimmten Zeit vorliegen. Um diese synopti
sche Lagebeurteilung zu ermöglichen, müssen
von einigen Orten gleichzeitige Daten am Ort
des Meteorologen bzw. Ozeanographen vor
liegen. Auch etwaige Warnungen müssen den
Betroffenen erreichen. Das kann nur mit einer
Datenfernübertragung technisch realisiert
werden. In Deutschland war die frühe Wetter
telegraphie in den 1860er und 1870er Jahren
gegenüber z. B. Nordamerika lange unterent
wickelt, was auch an grundsätzlichen Gebüh
renfragen lag (Koppen, 1932).
Die erste, praktischen Zwecken dienende,
3000 Fuß lange Telegraphenleitung wurde
bereits 1833 in Göttingen hergestellt (Gresky,
1986/87). Es ist sehr bemerkenswert, dass
sich diese neue Technologie rasch durchsetzte
(Dub, 1863) und alsbald auch für Zwecke der
Sturmflutwamung in Hamburg eingesetzt
wurde (Schaumann, 1857). Mit Bekanntma
chung vom 12.3.1855 „betr. Einführung frü
herer Warnungsschüsse bei zu erwartenden
Sturmfluthen" (Staatsarchiv Hamburg) wurde
eine bereits länger bestehende Praxis verbes
sert:
„ Um das Publicum möglichst früh darauf
aufmerksam zu machen , daß eine Sturmßuth
zu erwarten sei, ist zum Versuch die Einrich
tung getroffen, daß sobald von Cuxhaven
durch den Telegraphen eine Meldung ein
trifft, nach welcher hier eine Sturmßuth von
mittlerer Größe zu erwarten ist, dieses durch
zwei, mit einer Zwischenzeit von 3 Secunden
von den beiden jetzt bei dem Wilhelminenba-
de und Groß Ericus befindlichen Batterien
abzufeuernde Kanonenschüsse angezeigt
wird. Ist der aus Cuxhaven eingehende Be
richt aber der Art, daß eine große Sturmßuth
hier zu erwarten ist, so wird jenes Signal von
zwei rasch auf einander folgenden Kanonen-
schüssen nach einer Zwischenzeit von 20 Se
cunden wiederholt. “
Natürlich fehlte nicht der Hinweis über die
Anfälligkeit der neuen Technik und die
Eigenverantwortung der Beteiligten. Später
konnte die Zuverlässigkeit der Datenübertra
gung verbessert werden, indem die Telegra
phenleitungen entlang von Eisenbahnlinien
verlegt wurden (Anonymus, 1899).
Die Praxis der Wamungsschüsse an verschie
denen Orten im Hamburger Hafengebiet wur
de bis heute beibehalten. Man mag sich beim
Warnen nicht lediglich auf elektronische
Hilfsmittel verlassen; zu sehr wirkt die Kata
strophe vom 16.2.1962 nach. Abb. 8 zeigt die
Böllerschießanlage am Maakenwerder Höft
auf Waltershof im Hamburger Hafen, wo
durch Beamte des Wasserschutzpolizeikom
missariats 1, im Falle der Benachrichtigung
durch das BSH, die Wamungsschüsse erfol
gen.
HöllerschieBanlage am Maakenwerder Höft
au a ,ersh( >tim Hamburger Hafen.