Dt. Hydrogr. Z. 45, 1993. H. 2. Heise, Norddeutsche Seewarte
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Das Deutsche Hydrographische Institut beteiligte sich mit seinem Vermessungs- und
Forschungsschiff „Gauss“ am Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957/58. Mit der In
dienststellung des Forschungsschiffes „Meteor“ 1964, das vom Deutschen Hydrographischen
Institut bereedert wurde, eröffneten sich für die deutsche Meeresforschung neue weltweite
Forschungsmöglichkeiten. Das Deutsche Hydrographische Institut beteiligte sich 1965 an der
Fahrt in den tropischen Atlantik (International Quiet Sun Years, IQSY), 1969 an der Atlanti
schen Expedition GARP (Global Atmospheric Research Programme), an den CINECA (Coope
rative Investigations in the Northern Part of the Eastem Central Atlantic)-Expeditionen ab 1970
und 1974 am GARP Tropical Experiment (GATE). Die untermeerischen Rücken im Nordatlan
tik wurden geophysikalisch untersucht. Vermischungsexperimente zur Untersuchung von
Schadstoffausbreitungen und das internationale Seegangsmeßprogramm JONSWAP (Joint
North Sea Wave Project) 1968 bis 1975 ergänzen diese Liste der Forschungsaktivitäten.
Besondere Förderer dieser Arbeit waren die Präsidenten Günther Böhnecke und Hans
Ulrich Roll, die von 1945 bis 1960 und von 1965 bis 1974 dem Deutschen Hydrographischen
Institut vorstanden. Von den Wissenschaftlern besonders erwähnt werden müssen die Ozeano-
graphen Walter Hansen, Joachim Joseph und Hartwig Weidemann, die Chemiker Kurt Kalle,
der schon an der Seewarte gearbeitet hatte, und Günther Weichart, außerdem die Geophysiker
Otto Meyer und Dietrich Voppel.
Im Juli 1990 wurden das Deutsche Hydrographische Institut und das Bundesamt für
Schiffsvermessung, das auch auf eine mehr als hundertjährige Tradition zurückblicken konnte,
zum heutigen Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie vereinigt.
Neben den naturwissenschaftlichen Diensten (Eisdienst, Gezeitenvorausberechnung,
Windstau- und Sturmflutwamdienst, erdmagnetischer Dienst, Meßnetz) nimmt die Überwa
chung der Nord- und Ostsee auf Radioaktivität und Schadstoffe einen breiten Raum ein. In
nationalen Überwachungs- und damit zusammenhängenden Forschungsprogrammen (OPTI
NOMI Optimierung des Nordsee-Monitorings, PRISMA: Prozesse im Schadstoffkreislauf
Meer-Atmosphäre, TUVAS: Transport, Umsatz und Variabilität von Schad- und Nährstoffen in
der Deutschen Bucht, ZISCH: Zirkulation und Schadstoffumsatz in der Nordsee) und interna
tionalen Programmen werden Daten über den physikalischen und chemischen Zustand gewon
nen und bewertet. Diese Daten stehen in der Meeresumwelt-Datenbank MUDAB zu weiteren
Untersuchungen zur Verfügung.
Neben dieser Arbeit auf See stehen heute Untersuchungen zur Schadstoffverteilung und
-ausbreitung im Vordergrund der wissenschaftlichen Tätigkeit. Diese werden durch Verbesse
rungen der numerischen Modelle, die in ihrem Ursprung auf Walter Hansen zurückgehen,
ergänzt, mit denen routinemäßig Wasserstände in der Nordsee und Seegang in Nordatlantik und
Nordsee für die Schiffahrt vorhergesagt und Schadstoffausbreitungen in Nord- und Ostsee zur
gezielten Bekämpfung simuliert werden können.
Die 125. Wiederkehr der Gründung der Norddeutschen Seewarte wurde 1993 mehrfach
gewürdigt: Die Festschrift „Schiffahrt und Meer. 125 Jahre maritime Dienste in Deutschland“
wurde in einem Privatverlag von P. Ehlers, G. Duensing und G. Heise herausgegeben. Ein Tag
der offenen Tür zeigte der Öffentlichkeit die Geschichte und Tätigkeiten des Bundesamtes für
Seeschiffahrt und Hydrographie. Der eigentliche Höhepunkt des Jubiläums war ein Festakt im
Rathaus der Freien und Hansestadt Hamburg. Grußworte sprachen der Präsident und Professor
des Bundesamtes für Seeschiffahrt und Hydrographie, Dr. Peter Ehlers, der Erste Bürgermeister
der Freien und Hansestadt Hamburg, Henning Voscherau, der Präsident der Handelskammer
Hamburg, Dr. Klaus Asche, der Vorsitzende der Senatskommission für Ozeanographie der
Deutschen Forschungsgemeinschaft, Prof. Dr. Gerold Siedler, und der Direktor und Professor
des Seewetteramtes des Deutschen Wetterdienstes, Dr. Georg Duensing. Die Festansprache
hielt der Bundesminister für Verkehr, Prof. Dr. Günther Krause.
Die Texte der Reden sind diesem Heft beigelegt.