Forschung & Entwicklung — 06-2014 — HN 98
• Digitalisierung in Form geometrischer Ob
jekte, denen spezielle Eigenschaftsobjekte
zugeordnet sind,
• Aufstellung von Objekt- und Attributka
talogen und Spezifizierung der erlaubten
Zuordnungen in einer Produktspezifikation,
• darstellungsfreie binäre Codierung,
• ISO-konforme Datenkapselung.
Weltweit haben sich drei Anbieter etabliert, die
ENC-Produktionssoftware liefern können. Der
Leistungsumfang reicht von der objektorientier
ten Digitalisierung von Papierseekarten bis zur
Komplettlösung einer hydrographischen Produk
tionsdatenbasis, die die Herstellung von analogen
und digitalen Seekartenprodukten in einem inte
grierten Workflow verspricht und dabei Interessan-
terwelse auch Intern auf dem Objektkonzept des
S-57-Standards aufbaut. Ist die Anzahl der Wettbe
werber in diesem Bereich leicht überschaubar, so
zeigt die Appllkatlonsselte ein anderes Bild: Über
fünfzig der In der Berufs- und Freizeitschifffahrt
tätigen Hard- und Softwareanbieter unterstützen
den Import S-57-basierter ENCs, es gibt Konverter
und Freeware. Und die Anwendung von ENCs hat
sich inzwischen neue Felder In der Erforschung,
der Administration und der Exploration der mari
timen Umwelt erobert.
Der IHO-Datentransferstandard S-57 und das
einzige bisher daraus abgeleitete Produkt - die
ENCs - sind zweifellos ein Erfolg, aus dem sich
zwangsläufig die Frage nach der Notwendigkeit
seiner Überarbeitung als Anlass für die Entwick
lung von S-100 ergibt. Die folgenden Nachteile der
S-57-basierten Produkte sollen mit S-100 >gehellt<
werden:
• Bezogen auf die themenspezifische Stan
dardisierung von Geolnformatlonen und der
resultierenden Datenspezifikation, ist S-57
eine proprietäre Lösung. Das macht die Her
stellung und die Pflege von Softwarekompo
nenten für die Produktion und die Anwen
dung von ENCs sehr aufwendig und teuer.
• In einer ENC sind die Datenstruktur und das
Datenformat (ISO 8211) eng miteinander
verwoben, was einer Produktdiversifizierung
entgegensteht.
• ENCs sind als binärcodierte Vektordaten kom
pakt - eine intelligente Kompression könnte
aber die zu übertragenden Datenvolumina
deutlich reduzieren und damit Ihre vermehrte
drahtlose Übertragung an Bord unterstützen.
• Eine ENC ist konzeptionell eine digitale
Nachbildung der traditionellen Seekarte.
Moderne Datenstrukturen aus der Seever
messung wie Gitterdaten, Zeitvariante Vor
hersagedaten und Vlsuallslerungstechnlken
aus dem Internet- und dem Computerspiele
berelch sind damit nicht umsetzbar.
• Die Anforderungen an die Karteninhalte
sind auch In der digitalen Seekarte nicht
statisch. Der fortlaufende Anpassungsbedarf
kann für die aktuellen ENCs nur mühselig
und sehr zeltverzögert umgesetzt werden,
da jede Änderung des Objektkatalogs und
der Datendarstellung Eingriffe In die Daten
produktionssoftware an Land und die Ap
plikationssoftware an Bord erfordern. Dies
Ist bedingt durch den erschwerten Zugriff
auf Schiffe in der Internationalen Fahrt oft
nur mit großer zeitlicher Verzögerung und
manchmal gar nicht mit akzeptablem Auf
wand umsetzbar. Selbst einfache Anpassun
gen wie die kartographische Darstellung der
von der IMO ab Juli 2005 vorgeschriebenen
Wegeführung in ökologisch empfindlichen
Inselwelten (Archipelagic Sea Lanes) bedurf
ten fast vier Jahre bis zu Ihrer Umsetzung In
ENC-Erwelterungen und deren Darstellung
In Bordgeräten. Papierseekarten konnten
das Problem natürlich weitaus schneller
lösen.
• Der Mehrwert elektronischer Seekartensys
teme besteht unter anderem In der Kom
bination der Ortsinformation in Form von
Geodäten mit operativen Informationen aus
Radar, AIS (Automatic Identification System
- UKW-basiertes Kommunikationssystem
zum kooperativen Datenaustausch zwischen
Schiffen) und synoptischen Quellen für das
Wetter, den Strom und den Seegang. Eine
Interaktive Zusammenfassung dieser Infor
mationen auf Funktionsebene gelingt mit
den S-57-basierten ENCs nur unzureichend.
3 Was soll S-100 können?
S-100 setzt auf strikte Konformität mit den ISO-
19100-Standards für Geoinformation (IHO 2010).
Diese Serie bildet alle Elemente des Umgangs mit
geographischen Daten unabhängig von Ihrer the
matischen Ausrichtung ab und erlaubt damit die
Einbindung hydrographischer Daten in das erwei-
7
Abb.i: Derzeitige Über
deckung europäischer
Gewässer mit ENCs