,Wir verstehen immer Meer“ - die Meereskunde 35
pH-Werte auf Re-Mineralisierungspro-
zesse (Abbau abgestorbenen biologischen
Materials) hinweisen. Der Einfluss erhöhter
Kohlendioxid-Gehalte in der Umwelt spie
gelte sich nicht im pH-Wert des Nordsee-
Wassers wider.
Die Belastung des Nordseewassers durch
organische Schadstoffe wurde anhand
von etwa 120 ausgesuchten Stoffen
untersucht, die sehr unterschiedlichen
Stoffklassen angehören, z. B. Pflanzen
behandlungsstoffe (Herbizide), Flamm
schutzmittel, Reinigungsmittel (Tenside),
Spezialchemikalien wie Komplexbildner für
Metalle und sogar Arzneimittel. Die beob
achteten Konzentrationen lagen meist in
dem Bereich der Vorjahre. Die räumlichen
Konzentrationsverteilungen zeigen, dass
die Schadstoffe vor allem durch die großen
Flüsse (Rhein und Elbe) in die Nordsee
eingetragen werden; aber auch im Aus
strombereich der Ostsee (Skagerrak)
waren erhöhte Werte zu beobachten. Die
Vielzahl der nachgewiesenen Schadstoffe
macht deutlich, dass die Meere noch im
mer zahlreichen Stressfaktoren ausgesetzt
sind.
Sonniger Herbst hinterlässt seine
Spuren in der Nordsee
Die lang andauernde herbstliche Hoch
druckwetterlage in Mitteleuropa hat die
Oberflächentemperatur der gesamten
Nordsee im November 2011 auf den dritt
höchsten Wert seit Beginn der Aufzeich
nungen im Jahr 1969 steigenlassen. Mit
11 °C lag sie um 1,4 °C über dem langjäh
rigen Mittel von 9,6 °C.
Neben der intensiven Sonneneinstrahlung
haben milde Winde aus südlichen Richtun
gen für die Erhöhung der Wassertempe
raturen gesorgt. Die höchste Erwärmung
wurde im Bereich des Einstromes aus
dem Englischen Kanal beobachtet, der
sich zungenförmig entlang der niederländi
schen Küste quer über die Deutsche Bucht
in Richtung Nordjütland erstreckt. Hier la
gen die Temperaturen um bis zu 2 °C über
dem Durchschnitt der gesamten Nordsee.
Dieses Wasser hat bereits eine starke
Vorprägung aus dem Nordost-Atlantik. Un
mittelbar an den deutschen Küsten lagen
die Wassertemperaturen ca. 1 °C unter der
mittleren Temperatur der Nordsee. Grund
dafür waren ablandige Winde, die kühles
Wasser an die Oberfläche zogen.
Der Trend zu immer höheren Wassertem
peraturen im Herbst setzt sich fort. Seit
1969 hat sich die Oberflächentemperatur
der Nordsee im Mittel um 1,5 °C erhöht.
Da in der Nordsee der Frühling auch
immer früher einkehrt, verkürzen sich die
kalten Winterperioden. Selbst außerge
wöhnlich kalte Winter wie 2009 und 2010
können diesen Trend nicht wesentlich
unterbrechen.
Neben den Oberflächentemperaturen stie
gen auch die Temperaturen der tieferen
Wasserschichten in der zentralen Nordsee
im November deutlich an. Die mittlere
Wassertemperatur entspricht mit 11 °C der
Oberflächentemperatur. Sie liegt um 1,2 °C
über dem Wert des letztjährigen Novem
bers. Grund für den ungewöhnlich in die
Tiefe reichenden Wärmeeintrag dürfte
der frühzeitige Wegfall der sommerlichen
Wärmeschichtung sein. Er führte zu einer
durchgreifenden Konvektion des Oberflä
chenwassers bis in die unteren Schichten.
Ein weiterer Grund ist der Eintrag von rela
tiv warmem Wasser aus dem Nordatlantik
und der Norwegensee am Nordrand der
Nordsee.