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Full text: 48: Öl im Meer - Risiken, Vorsorge und Bekämpfung

Strafverfolgung im nationalen und internationalen Rahmen 
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dass die Ermittlung und Überführung verantwortlicher juristischer Personen häufig umfänglich und z.T. sehr 
zeltaufwändig sind. Erfolgreiche Ermittlungen führen jedoch zu sehr hohen Geldstrafen gegen Reedereien 
oder andere verantwortliche juristische Personen, deren Vollstreckung zumeist auch gelingt. Derartige Ver 
fahrensabschlüsse berechtigen dann sicher auch dazu, deutsche Sanktionen für einzelne Crewmitglieder 
eines Schiffes milde zu belächeln. So mag es denn auch sein, dass die regelmäßig festzustellende Akzep 
tanz der deutschen - faktisch schon Im Ermittlungsverfahren festgelegten - Geldstrafen lediglich deshalb 
so hoch Ist, weil diese von den verantwortlichen juristischen Personen aus der „Portokasse“ gezahlt werden 
können. 
Übersehen wird häufig, dass auch das deutsche Recht begrenzte Möglichkeiten bietet, juristische 
Personen zu belangen. Gemäß Art. 1b MARPOL-Gesetz Ist der Kapitän „als an Bord für sämtliche Maß 
nahmen hinsichtlich der Verhütung der Meeresverschmutzung Zuständiger“ In der strafrechtlichen Verant 
wortung (Garantenpflicht). Verletzt er diese Pflicht, kann die von Ihm Insoweit begangene Straftat gemäß 
§ 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWIG) zur Verhängung einer Geldbuße auch gegen die 
Reederei führen. Ferner könnte bei juristischen Personen, z.B. den Reedereien, auf Illegal erlangte Ge 
winne, etwa die ersparten Entsorgungskosten, zugegriffen werden (§ 73 Abs. 3, 73a, 73b StGB). Sieht 
man sich jedoch die deutschen Verfahrensabschlüsse der letzten Jahre an, stellt man nicht nur fest, dass 
es sehr wenige sind, sondern auch, dass Maßnahmen gegen juristische Personen nicht ergriffen wurden. 
Praktiker antworten darauf, dass der in § 30 OWiG geforderte Nachweis innerhalb kurzer Zelt nicht geführt 
werden könne, dass häufig ein Individualverschulden nachgeordneter Crewmitglieder vorliege und die 
Berechnung der ersparten Entsorgungskosten vielfältige, innerhalb kurzer Zelt ebenfalls nicht zu über 
windende Schwierigkeiten bereite; denn Entsorgungskosten würden häufig nicht erspart, da diese vielfach 
bereits - ob nun entsorgt werde oder nicht - In den gezahlten Hafengebühren enthalten wären. Bel Durch 
sicht der Verfolgungsstatistiken drängt sich dennoch der Eindruck auf, dass auch nach deutschem Recht 
hinsichtlich der Belangung juristischer Personen noch nicht genutzte Verfolgungsspielräume bestehen 
müssten. 
Im Ergebnis haben die Ermittlungsbehörden schon lange und auch zutreffend erkannt, dass ihre Strategie 
zur Bekämpfung von Meeresverschmutzungen breiter angelegt sein muss, als sich auf die Verfolgung des 
Straftatbestandes der Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB) zu fokussieren. Repressive staatliche Tätigkeit 
muss nicht erst mit dem schädigenden Ereignis beginnen. Daher werden schon seit geraumer Zeit ver 
schiedene rechtliche Ansatzmöglichkelten genutzt, die als „Auffangtatbestände“ bezeichnet werden.
	        
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