Die Küste, 76 (2009), 193-198
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eines bewährten MOS-Systems (MSWR-MOS, KnÜPFFER, 1996) auf Wasserstände in Gezei
tengewässern.
In der ersten Ausbaustufe ist BSH-MOS zur Vorhersage des Windstaus am Pegelstand
ort Cuxhaven zu den Hoch- und Niedrigwasserzeiten eingerichtet (Müller-Navarra und
KnÜPFFER, z. Veröff. eingereicht). Als Prädiktoren gehen Wetterelemente aus dem GFS-
System, bereits eingetretene Windstauwerte am Vorhersageort Cuxhaven und anderen Orten
(Borkum, Aberdeen) sowie Windstauvorhersagen für Cuxhaven aus dem numerischen
2D-Modell (BSHsmod) ein. BSH-MOS läuft z. Zt. prä-operationell und wird nach erfolg
reicher Erprobung voraussichtlich im Jahre 2010 in den Wirkbetrieb gehen und stündlich
aktualisierte Windstauvorhersagen für Cuxhaven liefern.
In Entwicklung ist nun als zweite Ausbaustufe von BSH-MOS die Kurzfristvorhersage
der Tideganglinie im Minutenabstand. Mit jedem aus der Wasserstandsdatenfernübertragung
(WDFÜ, s. Abschn. 2.6) neu eintreffenden Minutenwert gibt es dann eine neue Vorhersage.
Dazu werden als weitere Prädiktoren astronomische Terme und die Ganglinie selbst verwen
det. Man kann dieses Vorgehen auch als Gesamtansatz bezeichnen, weil die einschränkende
Annahme der linearen Überlagerung von astronomischen Gezeiten und Windstau nun nicht
mehr nötig ist.
2.6 Wasserstandsdatenfernübertragung (WDFÜ)
Eine der größten Errungenschaften für die Wasserstandsvorhersage ist die zuverlässige
minütliche Datenfernübertragung der Wasserspiegellage von vielen Pegelstandorten an der
deutschen Küste zu den Nutzern. Als optimal haben sich bisher Schwimmerpegel mit geeig
neten Querschnitten von Schacht und Zulaufrohr herausgestellt, die noch Wasserstands
änderungen mit Zeitskalen größer als Dünungsperioden zeigen. Vorbeifahrende Schiffe,
Hafenseiches, die Wirkung von Böen auf den Wasserstand etc. stören Kürzestfristvorher
sagen und Scheitelwerterkennung nicht.
Die Minutendaten bestehen aus der Uhrzeit (MEZ) und dem Wasserstand in Metern mit
drei Stellen hinter dem Komma bezogen auf Pegelnull. Mit der letzten mitgelieferten Stelle
scheinen die Daten eine Genauigkeit von einem Millimeter zu haben; Häufigkeitsvertei
lungen zeigen aber, dass die Null weit überdurchschnittlich oft vertreten ist und somit die
WDFÜ-Daten lediglich auf einen Zentimeter genau sind. Da manche Pegel gelegentlich län
ger als eine halbe Stunde auf ein und demselben Pegelstand verharren, bereitet die numerische
Feststellung der Scheitelwerte Schwierigkeiten. Es ist daher im Sinne weiterer Automatisie
rung der Pegeldatenauswertung, eine wirkliche Millimeter-Genauigkeit der übertragenen
Wasserstände anzustreben.
2.7 Automatische Scheitelwerterkennung und
Windstauermittlung
Die Scheitelwerte (Niedrigwasser und Hochwasser) in Pegelzeitreihen werden bisher
noch manuell, IT-gestützt festgestellt und der für die weitere Bearbeitung benötigte Wind
stau durch Vergleich mit den astronomisch vorausberechneten Höhen berechnet. Die Wind
stauermittlung sofort nach dem Eintritt des Scheitels an möglichst vielen Pegeln ist notwen
dig, da sich der „Wasserstandsvorhersager“ beim Vorhersageverfahren zunächst ein synop
tisches Bild von der Windstaulage in der Deutschen Bucht erarbeiten muss.