Die Küste, 76 (2009), 193-198
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Gezeitenpegel zu laufen. Bei Sturmfluten sind die Eintrittszeiten vereinzelt um bis zu 3 h
verschoben. Letzteres und die langen Laufzeiten stellen bei einer automatisierten Wasser
standsvorhersage für die deutsche Nordseeküste eine enorme Komplikation dar. Nur eine
strenge astronomische Zuordnung zu den durchnummerierten Mondkulminationen schafft
Abhilfe (Müller-Navarra, 2009b).
2.4 Numerische Modelle - 2D-Windstaumodelle,
3D-Schelfmeermodelle
Zweidimensionale Wasserstandsmodelle haben eine sehr lange Tradition. Bereits in den
1950er Jahren standen „Nachhersageverfahren“ zur Verfügung (Hansen, 1956). Aber erst ab
Mitte der 1990er Jahre erreichten sie im Vorhersagemodus (Fischer, 1978) die Qualität von
empirischen Verfahren. Das hing natürlich auch unmittelbar mit der Entwicklung in der
Meteorologie zusammen, wo einige Jahre vorher die Modellverfahren eine ernsthafte Kon
kurrenz zur synoptischen Meteorologie geworden waren (Balzer, 2002).
Heute besteht die Modellfamilie des BSH (Dick et ah, 2001) in der Version 4 aus einem
dreifach geschachtelten 3D-Modell (BSHcmod) und einem zweifach geschachtelten 2D-
Modell (BSHsmod). Beide Modelle erhalten als Randbedingung für den Nordrand der
Nordsee bzw. den Westrand des Ärmelkanals Wasserstandsdaten aus einem 2D-Nordost
atlantik-Modell mit ca. 10 km Maschenweite. BSHsmod überdeckt mit einer horizontalen
Auflösung von ca. 5,5 km nur den Bereich der Nordsee, BSHcmod bei gleicher Auflösung
Nord- und Ostsee. In das 3D-Modell BSHcmod ist noch ein Küstenmodell der Deutschen
Bucht und Westlichen Ostsee mit einer Auflösung von 0,9 km eingebettet.
Das aufwendige 3D-Modell errechnet zwar alle wesentlichen physikalischen Größen
des Meeres, benötigt dafür aber viel Rechenzeit. Effizienter im Sinne einer Wasserstandsvor
hersage sind schnelle 2D-Modelle, die alsbald nach den Simulationsläufen der Atmosphären
modelle Windstauberechnungen bieten. Im BSH läuft zur Zeit das 2D-Modell BSHsmod
viermal täglich mit Antriebsdaten der Modellkette des DWD (GME/COSMO-EU), jeweils
startend mit den meteorologischen Analysefeldern 0, 6, 12 und 18 Uhr. Im Falle der 0- und
12-Uhr-Läufe handelt es sich um 168-h-Vorhersagen, im Falle der 6- und 18-Uhr-Läufe um
48-h-Vorhersagen.
Weil sich die Modellfamilie des BSH so sehr in der Praxis der Wasserstandsvorhersage
bewährt hat, liegt es nahe, diese durch Ästuarmodelle zu ergänzen. In einer Nachrechnung
der Sturmflut vom 16./17. Februar 1962 in der Elbe zeigte sich bereits der Wert eines hoch
aufgelösten Elbemodells (Müller-Navarra et al., 2006). Ein solches in operationeller Ver
sion, eingebettet in die bestehende BSH-Modellkette, wird zur Zeit im Rahmen des KFKI-
Projekts OPTEL (Windstaustudien und Entwicklung eines operationeilen TideElbemodells)
entwickelt. Mit einer zunächst auf etwa 90 m festgelegten horizontalen Auflösung wird es
nicht nur der Wasserstandsvorhersage von Nutzen sein, sondern auch nautische oder um
weltbezogene Anwendungsmöglichkeiten bieten.
2.5 BSH-MOS (Model Output Statistics)
Die statistische Nachbearbeitung der Ergebnisse der numerischen Wettervorhersage
(MOS) zur Verbesserung der Vorhersage einzelner Wetterelemente ist in der Meteorologie
schon lange erfolgreich (Glahn und Lowry, 1972). BSH-MOS ist nun die erste Anwendung