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Zweites Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie usw, 1936,
Cumulusreihen, die P. Raethjen!) auf eine Austauschschwingung zurückführt:
die Wolkenluft wird an der Wolkenoberfläche durch Ausstrahlung abgekühlt;
die abgekühlten Luftteilchen sinken infolge ihrer Schwere herab und gewinnen
beim Absinken Bewegungsenergie, bis sie wärmer als ihre Umgebung und in ihrer
Abwärtsbewegung abgebremst werden; potentiell erwärmt werden sie von dem
aufsteigenden Ast der Austauschbewegung wieder aufgenommen. An der Wolken-
oberfläche geben die Wolkenteilchen Wärme ab, an der Wolkenunterseite nehmen
sie Wärme auf, Die Energie für diesen Schwingungsvorgang liefert der von der
Erdoberfläche nach oben gerichtete Wärmestrom.
Auch im Falle der beobachteten Nebel in der abgekühlten Warmluft über
Kaltwasser verläuft der Austausch in Form von „Austauschwalzen“. Man muß
aber berücksichtigen, daß hier die Hebung der an der Meeresoberfläche erkalteten
Luftteilchen durch kinematische Kräfte der primäre Vorgang ist, Die thermisch
stabile Schichtung, die auf weiten Flächen gleichförmige Reibung der Luft an
der Meeresoberfläche und das Fehlen störender Bodenerhebungen werden es
bedingen, daß hier die Austauschströmungen inner-
halb der meeresnahen Kaltluftschicht wesentlich
gleichförmiger sind gls bei starkem Temperatur-
gefälle und über Land.
Man kann aus den Beobachtungen unserer
Kaltwassernebel folgendes Strömungsmodell ab-
leiten:
Die Strömung innerhalb der meeresnahen
Nebelluft verläuft in parallelen Austauschwalzen
[Abb. 5]. Der rasche Einsatz der Kondensation
auf der einen Flanke der Walzen unmittelbar neben
den Auflösungsformen der vorangehenden Walze
läßt darauf schließen, daß die Luftteilchen im ab-
steigenden Ast der einen Walze — mindestens in
der Mehrzahl der Fälle — nicht von der aufstei-
genden Strömung der anschließenden Walze auf-
genommen werden, sondern größtenteils in der-
selben Walze bleiben: die Strömung erfolgt
in zellularen Zirkulationen., Die Walzen steilen
parallel zueinander liegende Stromröhren dar. Die
Bahnen der Luftteilchen in einer Stromröhre sind
Schraubenlinien, Die Schraubenlinien werden durch
den Verlauf der Lamellen auf der Oberseite der
Walzen angedeutet, Das Stromlinienbild des augenblicklichen Bewegungszustandes
der „Schraubenströmung“ wird durch parallele Divergenz-Konvergenz-Linien
gekennzeichnet,
Betrachten wir den Beginn der Kondensationserscheinungen am luvseitigen
Rande des Nebelfeldes, so zeigt sich, daß die Kondensation in zunächst einzelnen
vorgeschobenen, und zwar in regelmäßigem Abstande angeordneten Walzen be-
ginnt [Abb. 6]. Zwischen diesen ersten Walzen schieben sich weitere als Füllung
des ganzen Feldes ein. Jede einzelne der vorgestreckten Nebelwalzen setzt mit
zunächst noch getrennten, einzelnen Nebelflöckchen in einigen Metern Höhe über
der See ein, Die Nebelflöckechen haben bereits die charakteristische Form und
Richtung des Auskämmens wie die Lamellen der geschlossenen Walze; sie wachsen
sich rasch zur Nebelwalze aus, Der Einsatz der Nebelbildung in Form einzelner,
nahezu abstandsgleicher Walzen deutet nun darauf, daß die Schrauben-
strömung schon beim ersten Anfang der Kondensation vorhanden ist,
Die Schraubenströmung in zellularen Zirkulationen stellt eine stabile Strö-
mung dar. Eine einzige Wirbelstraße müßte instabil werden. Ist aber in einer
Schicht begrenzter vertikaler Mächtigkeit die Strömung in dicht an dicht an-
einanderschließende zellulare Walzen unterteilt, so wird die Strömung stabil sein.
Das Fehlen sichtbarer turbulenter Verwirbelungen und die räumliche Ausdehnung
v) P. Raethjen, Erf, Ber. Dtsch. Flugw., 2. Sonderbd, 1932, S. 150,
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