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Full text: Zweites Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie

Seilkopf, H.: Mittelräumige atmosphärische Strömungstypen. 
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Wassers den Abkühlungsvorgang nicht oder nur in geringem Maße beeinflußt. 
Die Abkühlung schreitet trotz thermisch stabiler Schichtung nach oben fort, 
indem zwischen den untersten, abgekühlten Luftschichten und der darüber 
strömenden Warmluft Austausch stattfindet; die Höhe der Temperaturumkehr- 
schicht nimmt infolgedessen mit der Zeit zunächst zu. Die für die Hebung der 
kalten und Senkung der warmen Luftteilchen benötigte Arbeit wird unter Zwischen- 
schaltung der Reibungskraft von der Gradientkraft geleistet. Bei hinreichender 
Abkühlung und Feuchte tritt innerhalb der abgekühlten, meeresnahen Luftschicht 
Kondensation ein — viele und weiträumige Nebel auf See sind hierauf zurück- 
zuführen: die Nebel über kalten Meeresströmungen, über küstennahem, kalten 
Auftriebwasser und die Randmeer-Nebel im Frühjahr und Sommer, (Bei trockener 
Festlandluft macht sich die Abkühlung durch Dunst bemerkbar.) Zu den primären 
Vorgängen Reibung, Austausch, Abkühlung treten das Freiwerden von Konden- 
sationswärme und Strahlungsvorgänge, so daß wahrscheinlich ein Gleichgewichts- 
zustand zwischen den Kräften erreicht wird, die die Luftteilchen heben und senken. 
Auf der 4. Nordamerikafahrt L. S. „Hindenburg“ war Gelegenheit, am 4. Juli 
1936 im Raume südlich von Neuschottland, südlich und östlich von Neufundland 
und am folgenden Tage im Kanal ausgedehnte, flache Nebelfelder über Kalt- 
wasser aus der Höhe zu beobachten. Während die Nebel südlich von Neuschott- 
land und Neufundland in einiger Entfernung außerhalb des Kurses lagen, fuhren 
wir längere Zeit über dem Nebel östlich von Neufundland sowie über dem Kanal- 
nebel. Östlich von St. Johns (Neufundland) setzt der Nebel in etwa 5 Sm Ab- 
stand von der Küste ein; nach Süden zu schloß das Nebelfeld an die Nebel an, 
die — soweit das Auge reichte — den ganzen Horizont im SW, S und SE ein- 
nahmen. 
In der Nebeloberfläche war deutlich Grob- und Feinstruktur zu unterscheiden. 
Der Nebel war in langen, parallelen Walzen angeordnet [Abb. 3], deren 
Streichrichtung SW—NE war. Unmittelbar an der Meeresoberfläche wehte Wind 
aus südlichen Richtungen mit 3 m/sec; in der Flughöhe von 500 m war der 
Wind WSW 5 m/sec. Der Durchmesser der Walzen betrug 300 bis 350 m, die 
Nebelhöhe 100 bis 150 m. Zwischen einzelnen Nebelwalzen war die See sichtbar, 
Charakteristisch war die Feinstruktur der Nebelwalzen: 
a) Viele Nebelwalzen waren auf der nordwestlichen Flanke merklich schärfer 
begrenzt als auf der südöstlichen: auf der nordwestlichen Flanke zeigten ge- 
schlossenere Formen, die schärfer gegen die nebelfreien Lücken abgesetzt waren, 
den Beginn der Kondensation an, während die südöstlichen Flanken Zerfasern 
and Auflösen aufwiesen [Abb. 4]. 
b) Die Nebelwalzen ließen eine Querrippelung erkennen; an einzelnen Stellen 
schienen die Walzen aus aneinandergereihten Nebellamellen zusammengesetzt zu 
sein. Die Lamellen waren schräg zur Richtung der Walzen gelagert (Abb. 4]; ihre 
Streichrichtung entsprach etwa dem Wind in der Höhe. 
Ein ähnliches Bild zeigten Nebelfelder über dem Englischen Kanal, über 
denen wir am 5, Juli im „Hindenburg“ fuhren. Auch hier die Anordnung in 
Walzen, die in gleicher Weise dem Stromfelde der Luft zugeordnet und die in 
Lamellen unterteilt waren. Da die Walzen im allgemeinen dicht an dicht an- 
einanderschlossen, waren Unterschiede zwischen den Flanken benachbarter Walzen 
nur an einigen Stellen vorhanden. 
Die bei den Neufundlandnebeln hervortretenden frischen Wolkenformen 
jeweils auf der einen Flanke der Nebelwalzen belegen die aufsteigende, die zer- 
Jasernden Zerfallsformen auf der entgegengesetzten Flanke der Walzen die ab- 
steigende Komponente der Strömung. Lage und Struktur der Lamellen bilden 
den Strömungsverlauf auf der Oberseite der Walzen ab: die einzelne Nebellamelle 
kämmt nach rechts voraus über, Das Überkämmen entspricht dem „Wälzen“ der 
Wolken, wie es die Zeitraffer-Aufnahmen in den Wolkenfilmen von R, Mügge 
anschaulich aufgezeigt haben. 
In dem Aufsteigen auf der einen, dem Absinken auf der anderen Flanke der 
einzelnen Nebelwalze vollzieht sich der Austausch, Die Nebelwalzen sind Aus- 
tauschwalzen, wie die bandenförmig angeordneten Stratocumuluswolken und
	        
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