Gesamtdeutsche Entwicklung seit 1990 | 51
5 Gesamtdeutsche Entwicklung seit 1990
5.1 Gemeinsames Beginnen
Ein noch vor der politischen Wende in der DDR
verabredetes Treffen führte den DHI-Präsidenten,
Dr. Ehlers, und den SHD-Leiter, Konteradmiral
Bernig, bereits wenige Tage nach dem Mauerfall
am Rande einer Sitzung des Combatting Committee
der Helsinki-Kommission in Rostock zu informellen
Gesprächen zusammen. Nachdem nach einigen
Rückfragen die Zustimmung des DDR-Verteidi-
gungsministeriums vorlag, traf man sich im SHD-
Dienstgebäude am Dierkower Damm. Zu dem Sor
dierungsgespräch über eine mögliche zukünftige
Zusammenarbeit stieß am Abend Dr. Haussmann,
der damalige Leiter des Seefahrtsamtes der DDR,
hinzu. Erste formelle Gespräche zwischen dem
DHI und dem SHD auf fachlicher Ebene fanden im
Frühjahr 1990 statt; zunächst ging es um die Vorbe-
reitung der oben erwähnten BSHC-Konferenz, für
die die DDR Gastgeber war, darüber hinaus wurden
aber auch Möglichkeiten einer engeren Zusam-
menarbeit immer konkreter erörtert. In einer Presse-
erklärung vom 21. März anlässlich eines Besuchs
des SHD-Leiters beim DHI-Präsidenten in Hamburg
hieß es, dass beide Dienste für das kommende Jahr
1991 die Herausgabe gemeinsamer Sportschiff-
fahrtskartenserien planen würden.
Vom 7. bis 10. Mai 1990 trafen sich wie geplant die
Ostseehydrographen zum ersten, aber nicht letzter
Mal in Rostock, dies jedoch erst- und letztmalig in
der DDR. Allen Teilnehmern dürfte die einzigartige,
von Auf- und Umbruch, Hoffnungen und Ängsten,
aber auch der Resignation des alten Systems
geprägte Atmosphäre unauslöschlich in Erinnerung
geblieben sein.
Auch dem DHI stand eine wichtige neue Weichen-
stellung bevor. Völlig unabhängig von den politi-
schen Entwicklungen war eine organisatorische
Veränderung geplant: Durch Zusammenlegung mit
dem Bundesamt für Schiffsvermessung wurde aus
dem Deutschen Hydrographsichen Institut ab dem
1. Juli 1990 das „Bundesamt für Seeschifffahrt und
Hydrographie“. Unter dem zunächst ungewohnten
Kürzel „BSH“ entwickelte sich die dem Bundes-
verkehrsministerium nachgeordnete Oberbehörde
schon bald zum anerkannten maritimen Dienstleis-
ter der Bundesverwaltung mit einem sehr breiten
Aufgabenspektrum.
Durch die sich nach den freien Wahlen zur Volks-
kammer am 18. März 1990 abzeichnende rasche
Wiedervereinigung entstand nun ein weitreichender
Handlungsbedarf. Etwa ab Mai 1990 wurden die
Absprachen intensiviert, wie die Zuständigkeit des
BSH einerseits und die des Seefahrtsamtes und
des SHD andererseits zusammengeführt und dabei
die Strukturen und Mitarbeiter des SHD und ande-
rer in den betroffenen Aufgabenbereichen tätigen
DDR-Institutionen in die Weststruktur zu integrieren
seien. Die Kollegen des SHD haben dabei ganze
Arbeit geleistet und die Strukturanpassung bis in
das kleinste Detail präzise geplant und geregelt.
Dadurch stand das BSH ungleich besser da als
viele andere Behörden, deren Strukturanpassung
erst nach der Wiedervereinigung in Angriff genom-
men worden war. Nach Auflösung der Nationalen
Volksarmee am 30. September 1990 unterstand der
SHD für zwei Tage dem Verkehrsministerium der
DDR, bis mit der Herstellung der deutschen Einheit
am 3. Oktober dem BSH zugeschlagene fachliche
Bereich des nun ehemaligen SHD zum Kern einer
Außenstelle des BSH wurde, während das Seezei-
chenwesen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung
des Bundes angegliedert wurde. Die 200 neuen
BSH-Mitarbeiter wurden zum überwiegenden Teil
vom SHD und zum kleineren Teil vom ehemaligen
Seefahrtsamt, der Wasserwirtschaftsdirektion Küste
dem Meteorologischen Dienst und der Bagger-,
Bugsier- und Bergungsreederei übernommen.
Den Mitarbeitern war vom BSH-Präsidenten, Prof.
Dr. Ehlers, bereits zum Stichtag die Übernahme
hrer Beschäftigungsverhältnisse zugesagt worden.