Zwei nationale hydrographische Dienste - eine Aufgabe | 41
katalogs für die ganze Bandbreite nautisch-hydro-
graphischer Informationen fertiggestellt. Zu dieser
Zeit verwendete das DHI vor allem IT-Werkzeuge der
kanadischen Firma CARIS für die graphische Digita-
lisierung der Seekarten. Die Idee der Hamburger
Gruppe war es, den nun vorliegenden Objektklassen-
katalog mit der bisher angewendeten CARIS-
Software zu nutzen. Dazu musste der Hersteller in
Kanada, dessen Programme auch im kanadischen
Hydrographischen Dienst verwendet wurden, davor
überzeugt werden, seine Programme entsprechend
zu ändern. was auf einem Arbeitstreffen der DHI/
SUSAN-Arbeitsgruppe beim kanadischen Hydro-
graphischen Dienst in Ottawa im Juli 1989 gelang.
Der heute unter der Chiffre IHO S-57 bekannte und
weltweit angewandte Datentransferstandard für
hydrographische Daten, der die Grundlage für deren
Anwendung in Elektronischen Seekartensystemer
(ECDIS) liefert, begann so seinen Siegeszug von
Hamburg in die Welt.
4.3 Aufbau ohne Vorbild - der Seehydrographische Dienst der DDR
Nach Kriegsende waren die Schifffahrtsverhältnisse
wegen der Verminung von Reeden und Ansteuerun-
gen, zahlloser Wracks und fehlender oder funktions-
untüchtiger Seezeichen auch an der deutschen
Ostseeküste äußerst kompliziert. Verbesserungen
waren zunächst für die schnellstmögliche Wiederauf-
ı1ahme regelmäßiger Schifffahrtsverbindungen zur
Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln
vordringlich. Mit fortschreitender Normalisierung der
Lebensverhältnisse entstanden weitere Bedarfe für
nydrographische Dienste durch die Wiederaufnahme
der Fischerei und die Aufräumarbeiten in Häfen und
Werften. Zwar war das Deutsche Hydrographische
Institut auf Beschluss des Alliierten Kontrollrates im
Jahr 1946 mit Zuständigkeiten für alle Besatzungszo-
nen gegründet worden, die zunehmende politische
Entfremdung der Alliierten beschränkte dessen Tätig-
keiten ab 1948 jedoch auf die britische Besatzungs-
zone. Daher befahl die Sowjetische Militäradminis-
tration im Juli 1948 der Generaldirektion Schifffahrt,
die hyadrographischen Arbeiten und meereskund-
lichen Beobachtungen an den Küstengewässern der
sowjetischen Besatzungszone neu zu organisieren
Die praktische Umsetzung stellte die deutschen
Befehlsempfänger jedoch vor erhebliche Schwierig-
keiten. Bedingt durch die ehemaligen Strukturen der
hydrographischen Einrichtungen Deutschlands, gab
as in der sowjetischen Besatzungszone keine his-
torischen Bezüge, an die der aufzubauende Dienst
anschließen konnte. Neben dem akuten Mangel an
wissenschaftlich-technischem Personal fehlte es an
Schiffen, technischen Geräten und wissenschaftli-
chen Ausrüstungen. Der Beginn war dementspre-
hend mühsam: Im Winter 1948/49 wurde begonnen,
Dei den Wasserstraßenämtern Rostock und Stralsund
Seevermessungsgruppen zu bilden. Deren Aufgabe
war es zunächst, mit dem Erneuern und Einnivellie-
‚en der Küstenpegel und dem Verpeilen der Zu-
fahrten zu den Seehäfen zu beginnen. Gleichzeitig
organisierte man Wasserstands- und Eisbeobachtun-
gen durch ehrenamtliche Helfer entlang der Küste.
Bei der Generaldirektion Schifffahrt wurde ein Referat
für Seevermessung und Meereskunde gebildet. Die-
ses begann mit der Sammlung seekartographischer.
nautischer und hydrometeorologischer Unterlagen
sowie mit Strömungsmessungen, der Bestimmung
des Salzgehaltes und anderer meereskundlicher
Arbeiten. Diese Vorarbeiten waren erkennbar auf die
Gründung eines Institutes gerichtet, dessen Aufga-
benzuschnitt dem des DHI in Hamburg in groben
Zügen entsprechen sollte. Tatsächlich wurde der
bereits erteilte Befehl zur Bildung eines solchen
nstitutes durch die zwischenzeitliche Gründung der
Jeutschen Demokratischen Republik am 7. Oktober
1949 nicht mehr ausgeführt.