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Full text: 150 Jahre amtliche deutsche Hydrographie 1861 - 2011

Historische Wurzeln | 2 
3.4 Von Segelanweisungen und Seehandbüchern 
Für den Seemann an Bord wäre es im Rahmen sei- 
ner navigatorischen Aufgaben von großem Vorteil, 
wenn er alle für eine sichere Schiffsführung wichti- 
gen nautisch-hydrographischen Gegebenheiten aus 
den Seekarten ersehen könnte. Aus Gründen der 
Übersichtlichkeit muss aber selbst in einer mehrfar- 
bigen, großmaßstäbigen Karte der Umfang an In- 
‘“ormationen begrenzt werden; zudem entzieht sich 
vieles für den Seemann Wissenswerte einer zeich- 
nerischen Darstellung. Die das Fassungsvermöger 
der Seekarte sprengenden, von dem Nautiker aber 
benötigten Angaben sind aus diesem Grund in den 
Seebüchern enthalten. 
Während die frühen Seekarten bis in das 18. Jahr- 
hundert hinein lediglich Ergänzungen der geschrie- 
benen Segelanweisungen darstellten, bilden die 
neueren Karten zusammen mit den Seebüchern 
ein geschlossenes Informationssystem, das durch 
einen speziellen Nachrichtendienst laufend auf 
aktuellem Stand gehalten wird. Das amtliche Nach- 
richtenwesen und die Seebücher bezeichnet man 
zusammengenommen als „Nautische Veröffentli- 
chungen“. Gemeinsam mit den Seekarten bilden sie 
das nautische Informationssystem 
Das Seehandbuchwerk 
Die Seehandbücher sind diejenigen nautisch-hydro- 
graphischen Veröffentlichungen, deren historische 
Entwicklung am weitesten zurückreicht. Ihre frühen 
Vorläufer sind die aus dem Mittelmeerraum stam- 
menden Seewegbeschreibungen für die küsten- 
nahe Schifffahrt - die sogenannten Portolane. Bereits 
für das 4. vorchristliche Jahrhundert lassen sich 
derartige tradierte Anweisungen belegen. Die 
Grundlage bildeten die Beobachtungsgabe und ein 
seit Generationen gewachsener Erfahrungsschatz 
der Seeleute. Wasserverfärbungen als Warnung 
vor Untiefen, markante Küstenpunkte und Distanz- 
angaben nach Tagesreisen waren die wichtigsten 
Orientierungshilfen. Später machten das Lot zur 
Ermittlung der Wassertiefe und der Magnetkom- 
pass für die Richtungsfindung genauere Angaben 
möglich. Die frühesten gedruckten Segelanweisun- 
gen für die deutsche Küste findet man im „Nieder- 
deutschen Seebuch“ aus dem 15. Jahrhundert; in 
diesem Werk wurden der Küstenverlauf, die Häfen, 
Entfernungen, Wassertiefen, Kurse, Landmarken 
usw. ausführlich beschrieben. Diese alten Segelar 
weisungen waren von zentraler Bedeutung für die 
Schiffsführung, da den damaligen Seekarten eine 
genau vermessene Küstenlinie noch fehlte und die 
vorgelagerten Seegebiete nicht wirklichkeitsnah 
wiedergegeben wurden. Das änderte sich erst, als 
mit der Entwicklung von Präzisionsinstrumenten und 
sxakten Vermessungsverfahren in der Mitte des 
18. Jahrhunderts die Zeit der auf mathematischer 
Grundlage bearbeiteten Karten begann. 
Die vor der Mitte des 19. Jahrhunderts noch auf 
private Initiative herausgegebenen Segelanwei- 
sungen enthielten noch zusammengefasst alles, 
was in den Seekarten nicht darzustellen war. Trotz 
der wachsenden Bedeutung der Seekarten als 
Informationsträger für die Navigation behaupten 
Seehandbücher für textorientiert darzustellende 
Themen bis heute ihren Platz. Sie erläutern die lo- 
kalen Klima-, Gezeiten- und Strömungsverhältnisse 
geben Hinweise für die Wahl der Schiffswege und 
beschreiben die Küsten, Ankerplätze und Häfen mit 
hren navigatorischen Besonderheiten und — dies 
gilt vor allem für die jüngere Zeit - zu beachtenden 
Schifffahrtsvorschriften. Ferner findet man Ratschlä- 
ge für die Ansteuerung, die die speziellen Schwie- 
rigkeiten und Eigentümlichkeiten der verschiedenen 
Gewässer und Reviere berücksichtigen. Abbil- 
dungen auffälliger Landmarken und ausgesuchter 
Küstenstrecken zur Erleichterung der terrestrischen 
Navigation unterstützen die praktische Anwendung 
Die Bedeutung des Seehandbuches liegt insbe- 
sondere in der ihm für die Reiseplanung zu entneh- 
menden Vorausinformation — vor allem dann, wenn 
das zu befahrende Gebiet dem Kapitän aus eigener
	        
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