ı Historische Wurzeln
3 Historische Wurzeln
Bedingt durch seine geographische Lage hat
Deutschland geopolitisch und infrastrukturell eine
überwiegend kontinentale Ausrichtung. Zwar rei-
chen die Anfänge lokaler Schifffahrt vor deutschen
und benachbarten Küsten bis weit in das Mittelalter
und begründen eine Tradition, zu der sich die Han-
sestädte noch heute stolz bekennen. Jedoch wäre
es nicht angemessen, Deutschland als klassische
Seefahrernation zu bezeichnen. So überrascht es
nicht, dass es im 16. Jahrhundert private nieder-
ländische Verlage waren, die erstmals Seekarten
und Seehandbücher für Gewässer des nördlicher
Europa herausgaben. Im 17. Jahrhundert über-
nahm Schweden diese Führungsrolle. Schon 1643
wurde der Vorgänger des jetzigen schwedischen
Hydrographischen Dienstes gegründet. Schweden
unterhält damit den Hydrographischen Dienst, der
auf die längste Geschichte zurückblicken kann. Es
folgten die Hydrographischen Dienste von Frank-
reich (1720), Dänemark (1784) und Großbritannier
(1795). Den damaligen Karten und Büchern lagen
meist keine genauen Vermessungen zugrunde. Sie
stützten sich auf mehr oder weniger grobe Schät-
zungen und Erfahrungen und gaben zum Teil nur
Kenntnisse weiter, die vom Hörensagen bekannt
waren.
Im 18. Jahrhundert erlaubten die Erfindung oder
Verbesserung von Messinstrumenten und die
Erarbeitung von neuen wissenschaftlichen Grundla-
gen eine genauere Vermessung. Diese betraf zwar
zunächst nur das Landgebiet, man schaffte jedoch
damit auch die Voraussetzung für eine genauere
Seevermessung. Es waren staatliche Stellen, die
die Landvermessung ausführten, und auch staat-
‚iche Stellen, nämlich die nationalen Marinen, die
Seevermessung betrieben. Damit ging die Her-
ausgabe von Seekarten und -büchern allgemein in
staatliche Hände über. Im Laufe des 19. Jahrhun-
derts gründeten weitere Staaten hydrographische
Dienste: Spanien (1800), USA (1807 bzw. 1830),
Russland (1827), Portugal (1849), Belgien (1860),
Japan (1871), Italien (1872), die Niederlande
(1874), Chile (1874), Brasilien (1876), Argentinien
‘1879). In diese Aufzählung ist auch Preußen einzu-
ordnen.
Am 25. September 1861 bestimmte eine Allerhöchs-
te Kabinetts-Order:
„Auf Ihren Vortrag will Ich die durch das Orga-
nisations-Reglement für die Marine-Stations-
Kommandos vom 28. Juni 1854 errichtete Stelle
eines Navigations-Direktors aufheben. Gleich-
zeitig will Ich genehmigen, dass zur Wahrneh-
mung der bisher dem Navigations-Direktor
obgelegenen hydrographischen Arbeiten ein
Hydrographisches Bureau bei dem Marine-
Ministerium errichtet werde, und haben Sie das
Weitere hiernach zu veranlassen.
Schloß Engers, den 25. September 1861
gez. Wilhelm ggez. von Roon“
Die dazu ausgegebene Dienstanweisung übertrug
dem Bureau:
» die Aufnahme von Küsten, Häfen, Flussmündun-
gen usw., Verfertigung, Berichtigung und Be-
schaffung von Seekarten;
die Aufbewahrung derselben und der dazugehöri-
gen Schriftstücke:
die Auswahl und Beschaffung der zum Steuer-
mannsinventar der verschiedenen Schiffe gehöri-
gen und sonstigen nautischen Instrumente für die
Marine.
Zudem war die Zusammenstellung von Nachrichten
für Seefahrer eine der wichtigsten Aufgaben des
Büros, um die Karten und Bücher auf den aktuellen
Stand halten zu können.
Zwar gab es auch schon vor 1861 deutsche See-
xarten der Nordsee und der Ostsee. Zu nennen sind
hier vor allem: eine Eiderkarte von 1642, eine Karte
der Elbmündung von 1721 und eine Jadekarte von
1799. Auch „amtliche“ deutsche Karten, die See-
gebiete abbilden, gab es bereits vorher. Meist wird