Prüfer, G.: Die Eisverhältnisse in d. deutschen u. d. ihnen benachbarten Ost- u, Nordseegebieten. 41
Umfang. Dieser Umstand wäre in dem Falle, daß die Daten aller Winter zu einem
Mittelwert zusammengefaßt worden wären, sehr kritisch gewesen. Denn verschiedene
Perioden von Wintern enthalten eine verschiedene Anzahl von strengen und milden
Wintern, so daß die gewonnenen Mittelwerte aus Perioden von verschiedener Dauer
miteinander nicht vergleichbar gewesen wären. Eine Normalisierung wäre nicht zu
vermeiden gewesen und damit eine weitgehende Beschränkung des Materials. Hier
zeigt sich der Vorteil der von uns gewählten Einteilung in Wintertypen in Ge-
bieten, in denen der Charakter der Winter so sehr verschieden sein kann. Da nur
gleiche Typen von Wintern zu Mittelwerten zusammengefaßt werden, spielt die
Zahl der zu einem Typus gehörenden Winter eine nur geringe Rolle, sofern
diese Zahl einen Mindestwert nicht unterschreitet®), In dieser Hinsicht ist
allerdings das norwegische Material als recht bedenklich anzusprechen, da hierbei
auf jeden Typus nur etwa zwei bis drei Winter entfallen. Daher ist in unseren
Darstellungen das norwegische Gebiet mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten,
es trägt von allen Gebieten am meisten den Faktor der Unsicherheit.
Im ganzen umfassen die behandelten Beobachtungsgebiete folgende Winter:
Deutschland und Schweden 1903/04 bis 1940/41, Dänemark und Ostland 1922/23
bis 1940/41, Norwegen 1932/33 bis 1940/4114),
Neben diesen festen statistischen Werten bildeten die Eisübersichtskarten
der Deutschen Seewarte, des Iskontors in Kopenhagen und des Institutes
für Meereskunde in Helsinki, die seit dem Winter 1926/27 gesammelt vor-
lagen, eine weitere wichtige Unterlage für die Darstellung der Eisverhältnisse
im Atlas, Die Eisübersichtskarten der Deutschen Seewarte verdienen insofern
gesondert genannt zu werden, als sie zahlreiche, im einzelnen nicht näher greif-
bare Eismeldungen aus privaten Quellen enthielten, die in den im Archiv des
Eisdienstes aufbewahrten Eiskarten nachträglich verwertet worden waren. Ferner
enthielten die Eisübersichtskarten die Eismeldungen der Fährschiffe, die auf
ihren täglichen Fahrten von Warnemünde nach Gedser und von Saßnitz nach
Trälleborg und zurück gewissermaßen laufend Profile über die Eisverhältnisse
von Küste zu Küste lieferten. Darüber hinaus aber waren von besonderer Be-
deutung die Meldungen von Schiffen der Handelsmarine und von Flugzeugen.
Der Wert aller dieser Meldungen und damit die Benutzung der Eisübersichts-
karten der Deutschen Seewarte für unseren Atlas wird erst deutlich, wenn man
bedenkt, daß die 246 statistischen Beobachtungsgebiete fast sämtlich.nur an der
Küste liegen. Sie sind daher lediglich imstande — so weit sie nicht etwa nur
das Hafengebiet betreffen —, etwas über das Eisvorkommen in einem bis zu
10 sm breiten Streifen. vor der Küste auszusagen. Allein einige Feuerschiffe
geben Auskunft über Eisverhältnisse in der freien See, Sie werden aber in
strengen Wintern, d, h. bei starker Vereisung, eingezogen. In milden und mäßigen
Wintern ist von ihnen aus kein Eis oder nur vereinzelt und selten Eis gesichtet
worden, woraus gefolgert werden darf, daß die See in milden Wintern völlig, in
mäßigen Wintern fast völlig eisfrei ist. In milden und mittleren Wintern reichen
daher die am Rande der See gelegenen Stationen für die Darstellung der Eisverhält-
nisse völlig aus. In strengen und sehr strengen Wintern hingegen geben sie nur die
Eisverhältnisse längs der Küste wieder und vermögen in keiner Weise Aufschlüsse
über das Eisvorkommen in der See zu geben. Hier kamen nun, soweit nicht kleinere
Inseln im Kattegat und in der Beltsee wertvolle Anhaltspunkte lieferten, die oben
genannten Berichte der Handels- und Fährschiffe, und die Eiserkundungen durch
Flugzeuge voll zur Geltung. Solche Meldungen halfen, so weit sie nicht schon
in der Eisübersichtskarte vom Tage enthalten waren, das Bild der Eisverhält-
nisse auch noch nachträglich vervollständigen. Sie traten ferner auch dann in
Erscheinung, wenn sie nicht auf den Stichtag der im Atlas gewählten Eisbilder
fielen. Denn wenn z. B.am 9. 3. eines strengen Winters in einem bestimmten
3) Auch eine etwaige Klimaveränderung in unseren Breiten in Richtung auf milde Winter —
gegen die allerdings folgende Tatsache spräche: der prozentuale Anteil an strengen Wintern ist in
den letzten 25 Jahren ebenso groß wie der in der Mitte des vorigen Jahrhunderts — träte bei dieser
Methode der Trennung nach Wintertypen nicht verfälschend in Erscheinung, — 14) Hierzu sei noch
bemerkt, daß der Atlas von R. Jurva sich auf eine 10iährige Beobachtungspericde beschränkt,
Ann. d. Hydr. usw. 1942, Heft II.