Schott, G.: Die Grundlagen einer Weltkarte der Meeresströmungen. 333
Eins der eigenartigsten und vergleichsweise genau bekannten Gebiete be-
findet sich da, wo Nord- und Südäquatorialstrom zum Guineastrom divergieren
und zugleich zur allgemeinen Westströmung konvergieren. Diese neutrale Zone
wandert von Monat zu Monat. Im Februar muß sie unter 4° bis 5° N-Br. und
25° W-Lg. gesucht werden und ist arealmäßig klein. Im August haben die
Stromversetzungen nach Osten ganz gewaltig sowohl in N—S- wie in W—O-
Richtung an Ausdehnung gewonnen (s. die Nebenkarte!), was der Lage und
Ausdehnung der äquatorialen Mallungsrinne entspricht; sie reichen jetzt im
Westen bis fast 50° W-Lg., also bis in die Nähe der amerikanischen Küste und
beanspruchen die Fläche zwischen rund 10° und 3° N-Br. bei vielfach großer Ge-
schwindigkeit und Beständigkeit. Dieser ausgedehnte Gegenstrom ist unmöglich
„winderzeugt“; er muß dynamisch bedingt sein entweder als Kompensations-
oder Ersatzstrom gedeutet werden im Sinne der Anschauung von Krümmel)),
Ekman”), Schott®), Montgomery-Palmen*), oder im Sinne der Anschauung
von H. U. Sverdrup- A. Defant®), die von der zum Äquator unsymmetrischen
Lage der Stromgebiete und von einer ihr entsprechenden Anordnung der unter-
schiedlichen Dichte der oberen Wasserschichten ausgehen und daraus die Ost-
versetzungen ableiten. Natürlich vollzieht sich der Wandel vom Strombild des
Winters zu dem des Sommers nicht plötzlich, sondern schrittweise, ohne daß
hier darauf eingegangen werden kann; Einzelangaben hierzu findet man bei
A. Schumacher®). Bemerkt sei lediglich noch, daß auch im Nordwinter zeit-
weise und lokal weit im Westen solche Ostströme, und zwar meist von beträcht-
licher Geschwindigkeit, nach neueren Schiffsbeobachtungen auftreten; entspre-
chende Versetzungen sind zwar viel früher schon gemeldet, aber als verdächtig
bisher abgelehnt worden.
Im südatlantischen Gebiet beruht die Stromzeichnung vor der Küste
Deutsch-Südwestafrikas mit einer einseitigen Aufspaltungslinie auf einer Arbeit
A. Defants’). Diese von Defant gegebene Darstellung der Bewegungen in
dem Auftriebgebiet ist zwar schematisch, mag aber grundsätzlich vorläufig
übernommen werden. Höchstwahrscheinlich wird man später auch hier rück-
(äufige Sonderströmungen feststellen, die das Bild ähnlich den Vorgängen an
der peruanisch-chilenischen Küste gestalten (vgl. S. 340).
Einer Erörterung bedarf die Auffassung der Strömungsvorgänge in dem
westlich daran anschließenden Gebiet südlich von 30° S-Br., besonders weil hier
über den Verlauf der subtropischen Konvergenz eine beträchtliche Abweichung
von der Darstellung besteht, die in der bekannten Meyerschen Strömungs-
karte®) vertreten wurde. Fast der ganze Streifen des Südatlantischen Ozeans
westwärts bis 30° W im Süden von 30° S-Br. ist, weil sehr selten befahren, nur
mit äußerst spärlichem Beobachtungsmaterial besetzt, und die in geschlossener
Front nach NO zielenden Strompfeile Meyers sind daher durchweg nur auf
Grund vereinzelter Beobachtungen „kombiniert“. GG. Dietrichs Arbeit über
den Agulhas-Strom*) kommt bei dieser Frage für dies Teilgebiet auch in Betracht;
Dietrich läßt zwar auch die subtropische Grenzlinie westlich vom Kapland
stark nach Norden bis 30° S-Br, ansteigen, ist aber vorsichtig genug, in der
kritischen Zone westlich von 10° O-Lg. seine nordwärts gerichteten Stromlinien
gestrichelt zu geben, also als unsicher zu kennzeichnen, und hat in Fig. 51
(Reiner Triftstrom) ein Fragezeichen gesetzt, mit Recht. In einem solchen miB-
lichen Falle wie diesem können selbst vereinzelte, aber gute Beobachtungen von
Expeditionsschiffen, dazu Messungen der Temperatur und der Salzwerte, be-
sonderes Gewicht beanspruchen. Eine Prüfung der Ergebnisse von „Novara“,
„Challenger“, „Gazelle“ „Valdivia“, „Gauss“ und „Meteor“, aber auch von
„Norvegia“ und „Whale“, um die wichtigsten zu nennen, führte zur Verlegung
der subtropischen Konvergenz, die bei Meyer um den 30. Grad pendelt,
/ Handb. d. Ozeanographie II., S. 573. Stuttgart 191). -— ?) Annal, d. Hydrographie 1906,
5. 535. — % Ebenda 1939, S, 255, 256, — 4) Journal of Marine Research, vol. 111. Nr 2, 1940. —
*) Sitz. Ber, Preuß, Akad, d. Wissensch. XXVIII. Berlin 1935. — $) a.a. O. S. 120. Fußnote Nr. 10
8. 332, — 7?) Das Kaltwasserauftriebgebiet vor der Küste Südwestafrikas, Festschrift zu N. Krebs‘
50. Geburtstag, S. 55. Stuttgart 1936. — ®%) S, oben Fußnote Nr. 4 8. 330. — ?) Aufbau u. Dynamik
Jes Agulbasstrom-Gebietes, Veröff, Institut für Meereskunde. Heft 27. Berlin 1935.