Ann, d. Hydr. usw., LXX. Jahrg. (1942), Heft XI,
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Die Grundlagen einer Weltkarte der Meeresströmungen.
(Deutsche Admiralitätskarte Nr. 1947, 2 Blätter.)
Von Gerhard Schott, Hamburg.
Vor nunmehr 44 Jahren, im Jahre 1898, erschien zum ersten Male unter
dem Titel „Weltkarte zur Übersicht der Meeresströmungen und Schiffswege“
im äquatorialen Maßstab 1:28000000 eine Karte, die die damalige Kenntnis der
Oberflächenbewegungen der Meere und die Lage der meistbefahrenen Dampfer-
und Segelschiffswege veranschaulichte; sie war vom Verfasser dieser Zeilen
ausgearbeitet und trug zur Kennzeichnung ihres halbamtlichen Charakters die
Überschrift „Kaiserliche Marine, Deutsche Seewarte“. Der damalige Direktor
der Seewarte G. von Neumayer hat in dieser Zeitschrift!) die Weltkarte in
einem längeren Aufsatz eingeführt. Im Laufe der Jahre wurden 5 Auflagen,
die letzte 1917, erforderlich.
Die jetzige Ausgabe stellt, bei fast gleichem Titel, formell und sachlich
etwas Neues dar. Die Weltkarte ist nunmehr eine amtliche Veröffentlichung
der Deutschen Seewarte und in die deutschen Admiralitätskarten eingereiht.
Außerdem wurde die Abbildung der Meeresströmungen inhaltlich ganz neu
und auch methodisch neu bearbeitet, wie noch darzulegen sein wird, eine Ein-
tragung von Schiffswegen aber bis auf weiteres unterlassen. Zweck und Ziel
der Stromdarstellung sind die gleichen wie bei den früheren Ausgaben. Daher
wurde auch der Maßstab und die Merkatorprojektion beibehalten. In der Größe
der zwei Kartenblätter unterscheidet sich aber die Neuausgabe stark von den
bisherigen Ausgaben: es sind jetzt die Nebenkarten für die Strömungen des nörd-
lichen Sommers in den tropischen Teilen der drei Ozeane als ein durchgehender
Kartenteil unten angebracht, und es sind außerdem auch die antarktischen Ge-
wässer bis zum südpolaren Festlandrand zum ersten Male mit berücksichtigt.
Es erscheint zweckmäßig, die wissenschaftlichen Grundlagen für die Ab-
bildung der Strömungen kurz zu erörtern, wobei besonders auf etwaige Abwei-
chungen von den bisher und sonst gangbaren Darstellungen hinzuweisen sein wird.
Von vornherein sei bemerkt, daß die Karte unmittelbar nicht zu Navigations-
zwecken benutzt werden soll; das unterstreicht auch eine Notiz auf der Karte
selbst. Sie unterscheidet sich in dieser Hinsicht also z. B. von den „Monats-
karten des Nordatlantischen Ozeans“, die die Seewarte auch ausgibt und die
bekanntlich als Übersegler verwendbar gelten. Eine Abbildung der Meeres-
Strömungen im großen Durchschnitt, ohne Eingehen auf die einzelnen Monate,
birgt immer ein subjektives Element in sich, und außerdem bestehen bekannt-
lich, besonders für die wenig befahrenen Gegenden, noch gewaltige Mängel
unserer Kenntnis. A. Schumachers Karte?) über die Verteilung der Anzahl
der’ selbst im atlantischen Raum nur verfügbaren Stromversetzungen mahnt in
dieser Hinsicht zu größter Bescheidenheit. Immerhin wurde durch die unten
angesetzten Nebenkarten versucht, die allerwichtigsten jahreszeitlichen Änderungen
in der tropischen Zone zu berücksichtigen, und zwar für den Sommer der Nord-
hemisphäre, während im übrigen die Darstellung hauptsächlich den nordwinter-
lichen Verhältnissen gilt. Das hat den Vorteil, daß in den mittleren und
höheren Südbreiten für die Schiffahrt bei den dann dort bestehenden sommer-
lichen Verhältnissen das reichere Material dieser Jahreszeit verfügbar wurde,
hat anderseits den Nachteil, daß in den höheren Nordbreiten, z. B. nach Island
und Spitzbergen hin, die Karte im wesentlichen doch die Sommerbeobachtungen
bringen mußte; hierauf weist auch eine Bemerkung auf der Karte hin.
In Übereinstimmung mit neueren Anschauungen wird das Vorhandensein
von größeren dauernd oder fast dauernd bewegungslosen Gebieten der Meeres-
oberfläche nicht mehr angenommen. Auch die Vorstellung von mehr oder
weniger geschlossenen und in sich schon an der Oberfläche kompensierten Kreis-
1) Ann d. Hydr, u, marit. Meteorolog. 1898, S. 409 ff. — %) Ann. d, Hydr, u. marit, Meteoro-
log. 1932, Taf. 71.
Ann. d. Hydr. usw. 1942, Heft XI.